Warum fährt der nicht auf dem Radweg? Drucken E-Mail

Immer mehr Radfahrende fahren auf der Fahrbahn einer Straße, obwohl ein Radweg daneben verläuft. Das tun sie, weil sie im Sichtfeld der anderen Verkehrsteilnehmer auf der Fahrbahn am sichersten unterwegs sind. Und schon seit April 1998 muß nicht mehr jeder Radweg benutzt werden.

Vielleicht als Satz vorneweg: Wir haben in Deutschland keine Radwegebenutzungspflicht.
(Der damalige Parlamentarische Staatssekretär im Bundesverkehrsministerium Kasparick anläßlich der Anhörung zur Petition an den Deutschen Bundestag zur Radwegebenutzungspflicht, Anhörung v. 18. Feb. 2008)

"Alle seriösen Studien belegen, dass Radfahrer auf der Fahrbahn am besten aufgehoben sind. Weil sie dort tatsächlich am sichersten unterwegs sind", sagt Armin Lehnhoff, Sachbearbeiter der Straßenverkehrsbehörde beim Harburger Polizeirevier 46.
Radwege kommen aus der Mode,
Hamburger Abendblatt v. 10.7.2012

Mit der Fahrradnovelle der Straßenverkehrsordnung von 1997 war die Allgemeine Radwegebenutzungspflicht zum April 1998 abgeschafft worden. Damit reagierte der Verordnungsgeber auf die Ergebnisse der Unfallforschung. Radfahrende müssen im Regelfall mit ihrem Fahrzeug auf der Fahrbahn fahren. Fahrbahn ist das, was der Volksmund als "Straße" bezeichnet. Die eigentliche Straße ist aber die Gesamtheit aus Fahrbahn und Sonderwegen. Sonderwege sind Gehwege, aber auch Radwege.
Daß Fahrzeuge auf der Fahrbahn fahren müssen, geht aus § 2 StVO hervor. Fahrräder sind nach dem Wiener Übereinkommen über den Straßenverkehr Fahrzeuge.
Ist en Radweg baulich vorhanden, darf dieser weiterhin wahlweise vom Radfahrenden benutzt werden. Es besteht ein Benutzungsrecht für Radwege.

Ausnahmsweise kann eine Straßenverkehrsbehörde eine Radwegebenutzungspflicht anordnen, wenn auf der Fahrbahn das Radfahren gefährlicher als auf dem Radweg ist. Das setzt aber auch voraus, daß der Radweg dem "Stand der Technik" entspricht. De Stand der Technik ist in der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zu § 2 Abs. 2 S. 4 StVO sowie in den Empfehlungen für Radverkehrsanlagen (ERA 2010) festgehalten. Die Mindeststandards, die in diesen Regelwerken definiert werden, sind die Folgerungen aus den Ergebnissen der Unfallforschung.
Nach § 2 Abs. 4 S. 2 StVO muß ein Radweg benutzt werden, wenn die Verkehrszeichen 237, 240 oder 241 (s. Abb.) eine Benutzungspflicht anordnen. Diese Radwegebenutzungspflicht gilt nur an stetig verlaufenden, fahrbahnbegleitenden, benutzbaren und zumutbaren Radwegen.
Die Verkehrszeichen 237, 240 und 241 StVO

Fahrbahnbegleitend ist ein Radweg, wenn er sichtlich zur Straße gehört und nicht mehr als 5 m von der Fahrbahn abgesetzt ist. Außerdem muß das rechtlich gleichgestellte Fahrzeug Fahrrad die gleichen Vorrangrechte wie die Fahrzeuge auf der Fahrbahn genießen. Baustellen oder darauf parkende Kraftfahrzeuge machen einen Radweg unbenutzbar. Ein Ausweichen über den Gehweg ist verboten. Die Zumutbarkeit ist leider nicht so klar definiert. Ein Standpunkt ist der, daß ein mit angepaßter Geschwindigkeit befahrbarer Radweg zumutbar ist. Eine fahrradfreundlichere Position geht davon aus, daß der benutzungspflichtige Radweg objektiv dem Stand der Technik entsprechen muß.
Beim Begriff der Zumutbarkeit müssen Radfahrende sich überlegen, ob ihnen ihre Sicherheit im Zweifelsfall ein kleines Bußgeld wert ist. Denn die Erfüllung des Standes der Technik ist schließlich Voraussetzung für objektive Sicherheit auf einem Radweg. Es gibt unter den Ordnungswidrigkeiten noch den Tatbestand derr Nichtbenutzung eines Radweges. Dieser bezieht sich aber nur auf benutzungspflichtige Radwege.

Quellen, weiterführende Literatur und Hinweise

- Straßenverkehrsordnung (StVO)

- Allgemeine Verwaltungsvorschrift zur Straßenverkehrsordnung (VwV-StVO)

- Mitteilung der Berliner Polizei zu Radwegen

- Urteil des Bundesverwaltungsgerichtes zur Radwegebenutzungspflicht (BVerwG 3 C 42.09)

- ZEIT Blog VeloPhil: Rad- und Autofahrer teilen sich die Fahrbahn

- Artikel zur Radwegebenutzungspflicht auf www.Rad-in-RD.de

Zuletzt aktualisiert am Montag, den 21. Juli 2014 um 15:30 Uhr
 

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