Der nächste Velorouten-Fail: "Lückenschluß" in Büdelsdorf |
Geschrieben von: TF |
Donnerstag, den 01. Dezember 2022 um 11:33 Uhr |
Beiträge im Blog unserer Orsgruppe geben nicht zwingend die Meinung der übrigen Aktiven der Ortsgruppe oder des ADFC im Ganzen wieder. In diesem Beitrag äußert sich der Verkehrsrechtliche Sprecher des ADFC Rendsburg Torben Frank zum Neubau eines "gemeinsamen Fuss- und Radweges" der Hollerstraße (B 203) zwischen Kreisverkehr (Ärztehaus) und "LIDL-Kreuzung". In Büdelsdorf wird gerade zwischen dem ersten Kreisverkehr der B 203 am Ärztehaus und mit der L 42 nach Borgstedt ein "gemeinsamer Fuss- und Radweg gebaut. Dieser wird als Lückenschluss proklamiert. Warum die in Umsetzung befindliche Variante unzulässig ist, wird hier erklärt. Das ist nach dem Klinter Weg der nächste Tiefschlag für den Radverkehr bei der Umsetzung der Velorouten von RadStark. Kartenmaterial: openstreetmap.org, verlinkt. Grundlagen und BestandDie Idee des Lückenschlusses ansich ist gut und richtig. Denn innerorts soll es keine linksseitigen Radwege geben, insbesondere dann nicht, wenn keine ausreichende Fläche vorhanden ist. Ausfahrten und Einmündungen sind auch Faktoren, welche das Unfallrisiko beeinflussen. Deswegen ist innerorts die linksseitige Radverkehrsführung die Ausnahme. m Ausnahmefall kann bei auseichendbreitem Radweg und wenig Ausfahrten und Einmündungen mit alleinstehendem "Radverkehr frei" (Zz. 1022-10 StVO) die Benutzung des linken Radweges als Angebot erlaubt werden. Eine Benutzungspflicht eines linken Radwegs dagegen kann es innerorts nur dort geben, wo es keine Ausfahrten, Einmündungen oder andere Konfliktrisiken gibt: Die Benutzung von in Fahrtrichtung links angelegten Radwegen in Gegenrichtung ist insbesondere innerhalb geschlossener Ortschaften mit besonderen Gefahren verbunden und soll deshalb grundsätzlich nicht angeordnet werden. (VwV-StVO zu § 2 Abs. 4 Rn. 33) Zwar ist die Anordnung einer Radwegebenutzungspflicht der Ausnahmefall, aber in unserer Region hat sich das noch nicht herumgesprochen. Und da die Ortsdurchfahrt einer Bundesstraße, nämlich der B 203 hier das Thema ist, betrachten wir den Fall für Benutzungspflichten. Die Mindestbreite für einen innerörtlichen Zweirichtungsradweg wäre 2,4 m, mindestens 2 m nach der VwV-StVO zu § 2 Abs. 4 Rn. 37. Die ERA 2010 setzen mehr Breite voraus. Das resultiert daraus, dass ein "normaler" Radfahrender einen Raumbedarf von 1 m in der Breite hat. Im Begegnungsverkehr wären also 2 m plus Sicherheitsabstand nötig. Ein Lastenrad oder Gespannn hat mehr Raumbedarf in der Breite. Die Mindestmaße beziehen sich immer auf ein geringes Radverkehrsaufkommen, und die benannten Mindestmaße auf reine Radwege, also ohne Fussverkehr. Gemeinsame Fuss- und Radwege sind innerorts eigentlich generell die Ausnahme. Die Vermischung von Fussverkehr mit nichtmotorisiertem Fahrzeugverkehr ist problematisch. Da es außerorts kaum Fuss- oder Radverkehr gibt, ist diese Vermischung dort der Regelfall. Innerorts kann diese Vermischung nur dort erfolgen, wo es kaum Fuss- und Radverkehr gibt. Schon wenige Dutzend zu Fuss Gehende in der Spitzenstunde sind ein Ausslußkriterium. In den Richtlinien für die Anlage von Stadtstraßen (RASt), den Empfehlungen für Radverkehrsanlagen (ERA) und den Empfehlungen für Fussverkehrsanlagen(EFA) der FGSV geben den Stand der Technik wieder und bieten entsprechende Entscheidungskriterien. Nach den ERA 2010 ist eine Netzbedeutung für den Radverkehr ein Ausschlußkriterium. Es gibt also derzeit einen gemeinsamen Fuss- und Radweg auf einer Seite als Zweirichtungsradweg. Dieser ist schon als Einrichtungsradweg zu schmal. Der Plan in der AusführungGebaut wird ein 2 m "breiter" gemeinsamer Fuss- und Radweg, wird verlautbart. Über Benutzungspflicht oder nicht wird nichts mitgeteilt. Eine Stellungnahme des Beauftragten für Menschen mit Behinderung wurde ignoriert. Was stört den Autor denn nun daran?Es gibt zwei störende Faktoren. Zum Einen ist es die Unterschreitung des Mindeststandards für gemeinsame Fuss- und Radwege. Da es Ziele bzw. Qellen wie das Ärtehaus und dazu Bushaltestellen gibt, ist mit hohem Fussverkehrsaufkommen zu rechnen. Damit ergeben sich entweder andere Anforderungen an die Breite oder es ergibt sich sogar der Ausschluss der gemeinsamen Führung. Was ist die Konsequenz des Realisierten?Es gibt keinen Radweg. Sollte eine Benutzungspflicht an einem gemeinsamen Fuss- und Radweg angeordnet werden, können betroffene Verkehrseilnehmer dieser Widersprechen und bei negativer Bescheidung mit an größer an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit vor dem Verwaltungsgericht diese Anordnung erfolgreich anfechten. Sollte ein Angebotsradweg (Piktogramme, vgl. VwV-StVO zu § 2 Abs. 4 Rn. 38a) entstehen, hätten Radfahrende die Wahl zwischen stop and go auf der Fahrbahn oder Gefährdung von zu Fuss Gehenden. Zu Fuss Gehende könnten rechtlich gegen diese verkehrsrechtliche Anordnung vorgehen. Was hätte besser gemacht werden müssen?Zuerst einmal ist die Trennung von Fuss- und Fahrzeugverkehr geboten. Es bedürfte eines mindestens 2,5 m breiten, barrierefreien Gehwege. Es ist anzunehmen, dass das Planungsbureau darauf hinwies. 2. Hochbordradweg zwischen Baumreihe und Fahrbahn: Mindestens 1,6 m breit muss ein Hochbordradweg bei geringem Radverkehrsaukommen sein; ein Sicherheitstrennstreifen von 0,25 m zur Fahrbahn ist nötig (ERA). Auf einer Veloroute sind etwa 2,4 m nötig. Es gibt Pflastersteine, welche die Bewässerung der Baumscheiben ermöglichen, ohne Radfahrende zu gefährden. Es ist fraglich ob der Raum ausreicht. Vermutlich müsste die Fahrbahn umgestaltet werden, der gepflasterte Mittelstreifen bietet im Straßenquerschnitt Verfügungsmasse. 3. Die Spar-Variante: Der gepflasterte Mittelstreifen der Fahrbahn wird aufgegeben. Ein mindestens 1,85 m breiter Radfahrstreifen entsteht. Haken: die meisten Radfahrenden mögen solche Lösungen nicht. Farbe ist keine Infrastruktur. Es ist mit Gehwegradlern sowie Mißbrauch durch Kfz-Führer als Parkstreifen zu rechnen. 4. Optimum, aber mit Umbau, das PBL: Der gepflasterte Mittelstreifen wird aufgegeben. Ein wenig vom Hochbord muss genommen werden. Auf beiden Seiten entstehen geschützte Radbfahrstreifen (PBL, protected bike lane). Hohe Akzeptanz. Es existieren sicher noch mehr mögliche Lösungen. |
Zuletzt aktualisiert am Samstag, den 03. Dezember 2022 um 01:29 Uhr |