TOP: Radweg Hindenburgstraße, aber mit Mängeln Drucken
Geschrieben von: TF   
Donnerstag, den 29. Dezember 2022 um 17:20 Uhr

Der einzige Radweg nach Stand der Technik ... nee... leider nicht einmal dieser.

Zuerst das Gute

Es gibt zwischen dem Fussverkehrstunnel unter dem Nord-Ostsee-Kanal, der auch als Radverkehrstunnel fungiert, und dem Fahrradstraßennetz Wehrautal-Moltkestraße nun eine Verbindung. DieRadwegebreite berücksictigt dabei auch die Erfordernisse eines Zweirichtungsradweges. Begegnungsverkehr ist auch mit Spezialfahrrädern oder Gespannen möglich. Die Planer blickten offensichtlich in die Regelwerke. Auch der Anschluss an den Fussverkehrstunnel über eine der vermutich kürzesten Fahrradstraßen-Lösungen ist kreativ. Eine bauliche Veränderung mit Ableitung des Radverkehrs im "Herrschaftsbereich" des WSA wäre aber wünschenswert gewesen.
Wir haben also auf den ersten Blick einen sehr ordentlichen Radweg. Wobei die Frage ist, ob ein Hochbordradweg wirklich zeitgemäß ist. Ein Zweirchtungsradweg wäre auch auf Farbahnniveau realisierbar gewesen, was Konflikte mit Fussverkehr vermieden hätte.

Ein Zweirichtungsradweg ist innerorts hoch problematisch. In diesem Falle kommt aber zum Tragen, dass die Konfliktpunkte Einmündungen und Ausfahrten wegfallen. Mit Blick auf die weitere Führung des Radverkehrsstroms sind weitere Risiken kaum gegeben. Da scheinen die Planer sich Gedanken gemacht zu haben.

Nun die Mängel

Verwendet wurde die Kieler Platte, die normalerweise angenehm zu befahren ist. Im Stadtgebiet gibt es positive Beispiele. Radfahrende mit körperlicher Einschränkung beklagen, dass die Platten in der Hindenburgstraße wohl nicht sauber verlegt wurden. Ein Aktiver mit Verletzungsfolgen nach Arbeitsunfall beklagt Schmerzen durch Erschütterung, die er etwa im Eiland nicht hätte, wo die gleiche Platte verlegt wurde.

Von der Preußerstraße, einer in Gegenrichtung freigegebenen Einbahnstraße ist die Auffahrt auf diesen Radweg nicht berücksichtigt worden. Dementsprechend ist auch die Abfahrt dorthin nicht möglich.

Die Belange des Fussverkehrs wurden nicht berücksichtigt. Gerade auf einer wichtigen Zuwegung zum NOK-Fussverkehrstunnel gibt es viel Fussverkehr. Die Mindestbreite für neue Gehwege ist 2,5 m, wie die alte Bundesregierung im Herbst 2021 ausführte.Kurz vor dem Einmündungsbereich Wilhelmstraße verschmälert ein erhaltenswerter Baum den Gehweg dermaßen, dass Konflikte unvermeidbar sind. Auf einem Zweirichtungsradweg auf einer Veloroute ist es lebensgefährlich. Dabei muss auch berücksichtigt werden, dass Aufmerksamkeit für eine Verkehrssituation nach Erkenntnis der Verkehrspsychologie die Aufmerksamkeit für das übrige Verkehrsgeschehen senkt. Wer Fussverkehr ausweichen muss, hat unter Umständen keinen Blick mehr für einbiegenden Gegenverkehr.

Ohne offensichtliche Notwendigkeit wurde grob rechtswidrig eine Radwegebenutzungspflicht mit Zeichen 241 StVO angeordnet. Und nein, bloßer Linienverkehr rechtfertigt keine Radwegebenutzungspflicht. Auch rechtfertigt die Erfüllung von Mindestbreiten keine Benutzungspflicht. Gute Radwege brauchen sowieso keine Benutzungspflicht, sondern werden benutzt. Denn Radfahrende wünschen sich gute Radverkehrsinfrastruktur. Selbst vehicular cycling, also das Radfahren "mitten auf der Straße" erfolgt nicht trotz Radweg, sondern wegen der schlechten Qualität eines Radwegs.
Neben der qualifizierenden Gefahrenlage nach § 45 StVO ist vor allem aber bei Neuanordnungen die Erfüllung des Standes der Technik notwendig. Dabei muss nicht nur der Radweg Erfordernisse wie Mindestbreite oder Sicherheitstrennstreifen erfüllen. Die Allgemeine Verwaltungsvorschrift zu § 2 Abs. 4 StVO verweist auch auf die Belange des Fussverkehrs. Gerade bei Hochbordradwegen sollen so radwegetypische Konflikte mit Fussverkehr verhindert werden. In Randnummer 9 der VwV-StVO zu § 2 Abs. 4 lesen wir:

Benutzungspflichtige baulich angelegte Radwege dürfen nur angeordnet werden, wenn ausreichende Flächen für den Fußgängerverkehr zur Verfügung stehen.

Die Mindestbreite für einen Gehweg betrug schon während der Planungsphase 2,5 m. Diese wird durchgehend erheblich unterschritten, wohlgemerkt auf einer wichtigen Zuwegung zum NOK-Fussverkehrstunnel.