Hausaufgaben von 1997 endlich erfüllt, nun will Fockbek eine Rolle Rückwärts machen. Drucken
Geschrieben von: TF   
Mittwoch, den 16. Juni 2021 um 15:17 Uhr

Beiträge im Blog geben nicht zwingend die Meinung der Ortsgruppe wieder.

(TF) Seit 23 Jahren passiert kaum etwas im Raum Rendsburg! Dieser hier verlinkte  Artikel aus dem test-Magazin der Stiftung Warentest stammt von August 2013. Und hätten Entscheider im Raum Rendsburg irgendwann mal Stellungnahmen des ADFC Rendsburg gelesen und die Quellbelege geprüft, dann wüßten sie um die Rechtslage und die Hintergründe. Schon die bloße Lektüre dieses Artikels im Test-Magazin der Stiftung Warentest hätte der Gemeinde Fockbek Geld gespart. Denn der zuständige Ausschuß der Gemeindebvertretung vergab einen Prüfauftrag an ein Planungsbüro. Die Gemeindevertreter wollen ernsthaft die gerade vor wenigen Jahren endlich aufgehobene Radwegebenutzungspflicht im Klinter Wewg wiederherstellen.

Im vorletzten Jahr der Kohl-Ära 1997 strich der Verordnungsgeber die allgemeine Radwegebenutzungspflicht zum 1. Oktober 1998 aus der Straßenverkehrsordnung. Hintergrund waren die Erkenntnisse der Unfallforschung. Bis zum 30. September 1998 zeigte ein Blaues rundes Vehrszeichen mit weißem Fahrradpiktogramm nur an, wo sich ein Radweg befindet. Seit dem 1. Oktober 1998 teilt der blaue Lolly unter anderem mit, dass ein zu einer Straße gehöriger Radweg benutzungspflichtig ist. Als Hausaufgabe wurde 1997 den Straßenverkehrsbehörden der Kreise und Städte mitgegeben, die blauen Lollies zu sichten und entsprechend nur noch an eigenständig geführten Radwegen oder an zumutbaren Radverkehrsanlagen jener Straßen stehen zu lassen oder aufzustellen, wo eine qualifizierende Gefahrenlage eine Separation notwendig macht. Leider hatten viele Straßenverkehrsbehörden es unterlassen, die veränderte Rechtslage zu berücksichtigen. So stehen im Raum Rendsburg noch dort die Zeichen 237, 241 oder 240 StVO herum, wo sie nicht stehen dürften.
Jene Blauen Lollies, welche noch aus der Zeit vor 1998 dort stehen, ohne dass sich irgendwer um eine Anordnung gekümmert hätte, sind sogenannte Nichtakte. Wer das weiß, kann sie ignorieren. Dort, wo neue blaue Schilder aufgestellt wurden, aber offensichtlich schwere Ermessensfehler vorliegen, ist nach § 44 VwVfG die Nichtigkeit der Allgemeinverfügung Radwegebenutzungspflicht gegeben. Laien mit ein paar Hintergrundkenntnissen können deratige nichtige Radwegebenutzungspflichten leicht erkennen.
Ein Beispiel für eine nichtige Anordnung wären die Zeichen 240 StVO der Rendsburger Straße in Fockbek. Ein "gemeinsamer Fuß- und Radweg" soll innerorts die Ausnahme von der Ausnahme Radwegebenutzungspflicht darstellen. Diese Variante ist nur bei geringem Rad- und vor allem Fussverkehr statthaft. Außerdem gibt es klare Vorgaben zur baulichen Ausgestaltung. Die kurzzeitige Maskenpflicht vor der Ladenzeile zeigt aber, dass es ein hohes Fussverkehrsaufkommen gibt. Die bauliche Zumutbarkeit im Sinne der der Allgemeinen Verwaltungschrift zu § 2 Abs. 4 S. 2 ist auch nicht einmal im Ansatz gegeben. Die in Fahrtrichtung beidseitige Beschilderung mit Zeichen 240 kann ein Indiz für einen Nichtakt sein. Sicher ist, dass eine Stellungnahme aus dem Bundesverkehrsministerium zu einem vergleichbaren Fall mitteilt, dass eine Benutzungspflicht in Fahrtrichtung sowohl rechts als auch links nicht gleichzeitig befolgt werden könne, daher nichtig sei. In der Randnummer 33 der VwV-StVO zu § 2 Abs. 4 S. 2 gibt es übrigens eine Begründung, weshalb es innerorts keine linksseitigen Benutzungspflichten geben solle. Es wird auf das bdsonders hohe Unfallrisiko bei Benutzung linker Radwege eingegangen.
Übrigens bleiben baulich vorhandene Radwege jenen Menschen, welche lieber Radwege benutzen, erhalten. Nur wird niemand gezwungen, darauf zu fahren. Der Autor dieses Beitrags hatte für die Aalborgstraße in Rendsburg 2019 erfolgreich die Entfernung der Zeichen 241 StVO beantragt. Nun muss dort kein Radfahrender mehr auf dem unzumutbaren Hochbord durch die dooring zone parkender Autos fahren. Aber Radfahrende dürfen weiterhin mit angepaßter Geschwindigkeit den baulich angelegten Radweg benutzen. Wer zügig und sicher vorankommen will, fährt "mitten auf der Straße".
Die Ortsgruppe Rendsburg des ADFC setzt sich bei Kreis und Stadt im Sinne der Verkehrssicherheit für die Entfernung der Gebotszeichen an ungeeigneten Straßenteilen, also für die Umsetzung von § 45 StVO und der VwV-StVO zu § 2 Abs. 4 S. 2 ein. Aber wir wollen bei Straßensanierungen und Neubauten die Schaffung von Radverkehrsanlagen nach Stand der Technik ein. Der Stand der Technik ist übrigens vor dem Verwaltungsgericht einklagbar. Gute Radwege brauchen keine Benutzungspflicht.