Radfahren auf dem Gehweg ist rücksichtslos Drucken
Geschrieben von: TF   
Mittwoch, den 04. August 2021 um 11:44 Uhr

Beiträge im Blog geben nicht zwingend die Meinung der Ortsgruppe wieder. Unser Verkehrsrechtlicher Sprecher Torben Frank stellt hier heute dar, warum es falsch ist, mit dem Fahrrad auf dem Gehweg zu fahren, nicht nur aus rechtlicher Sicht.

Ursachen und Wirkungen

Gehwege sind Schutzräume für den Fussverkehr. Fahrräder sind Fahrzeuge (vgl. § 63a StVZO), mit ihnen muss nach § 2 StVO  im Regelfall auf der Fahrbahn gefahren werden. Ja, "mitten auf der Straße" radzufahren ist der verkehrsrechtliche Normalfall. Leider überfordert das viele Kfz-Führer, welche Radfahrende eng überholen. Dieses gefährliche enge Überholen führt zur subjektiven Wahrnehmung, dass Fahrradfahren "auf der Straße" gefährlich wäre. Deswegen verdrücken sich viele Fahrradfahrer auf den noch so schlechten Radweg und lassen sich gefährden. Im schlechtesten Falle verlagern diese Radfahrenden das Problem auf den Gehweg und machen genau das, wovor sie geflüchtet waren. Sie tragen Gefährdung und Bedrängnis zum Fussverkehr. Motorisierte Gewalt führt zu Pedalierender Gewalt. Er ist erschreckend, wieviele Gehwegradfahrende mit Selbstverständlichkeit zu Fuss Gehende anklingeln und erwarten, dass diese beiseite springen.
Auf dem Gehweg sind alle Altersgruppen unterwegs. Kinder sind neben den Senioren die schwächste Gruppe im Verkehr. Kinder sind wendig und bewegen sich unberechenbar. Ältere Menschen sind schreckhaft, weil ihr Wahrnehmungs- und Reaktionsvermögen naachläßt. Da hohe Töne im Alter immer schlechter wahrgenommen werden, hat die vorgeschriebene "helltönende Glocke" keinerlei Wirkung. Für die 82-Jährige kann der Schreck durch den eng überholenden Radfahrenden zum Sturz führen. Die wenigen, sehr wenigen Todesfälle in der Unfallstatistig, welche drch Radfahrende verursacht wurden, gehen mehrheitlich auf das Konto von Gehwegradfahrenden.
Ältere Menschen trauen sich wegen der Risiken auf Gehwegen nicht mehr vor die Tür, obwohl Alltagsbewegung für ihre Rüstigkeit wichtig ist. Radfahrende auf den schmalen Gehwegen der Neuen Dorfstraße in Büdelsdorf senken die Aufenthaltsqualität für den Fussverkehr. Fussverkehr fühlt sich bedroht und gefährdet. Gehwegradfahrende, welche sich auf der Fahrbahn der Neuen Dorfstraße in Büdelsdorf auf dem Gehweg fahren, werden von Opfern zu Tätern. Und diie Neue Dorfstraße in Büdelsdorf ist nur ein Beispiel, weil dort erschreckend häufig verbotswidrig auf dem Gehweg gefahren wird.

Rechtsfolgen

Bußgelder bemessen sich danach, wie gefährlich ein Fehlverhalten ist. Die Ordnungswidrigkeit auf dem Gehweg radzufahren ist inzwischen mit ab 55 € belegt. Bei Behinderung oder Gefährdung fällt mehr an. Wer einen Unfall als Gehwegradfahrender verursacht, kommt nicht nur für die Schäden beim Opfer auf, sondern sollte auch noch mit dem hohen Bußgeld rechnen. Im übrigen sei darauf hingewiesen, dass die Folgekosten enorm sein können. "Durch unangepasste Geschwindigkeit einen Fußgänger im Fußgängerbereich mit nicht zugelassenem Fahrzeugverkehr gefährden" bringt neben dem Bußgeld von 35 € auch noch einen Punkt beim Kraftfahrbundesamt mit sich.
Ein Bußgeld erwartet auch Radfahrende, welche auf einem für den Radverkehr freigegebenen Gehweg zu schnell fahren. Bei Zeichen 239 StVO "Gehweg" mit Zusatzzeichen "Radverkehr frei" gilt Schrittgeschwindigkeit. Die Überschreittung der 12 bis 14 km/h wird mit 30 € und einem Punkt in der Verkehrssünderkartei in Flensburg geahndet. Das Anklingeln ist genauso ungehörig wie das Verhalten vieler Kfz-Führer in fahrradstraßen.
Neben der Fremdgefährdung kommt beim Radfahren auf einem Gehweg noch die Selbstgefährdung hinzu. Gehwegbenutzung ist wegen der schlechteren Sichtbeziehungen an Einmündungen und Ausfahrten noch gefährlicher als die Benutzung von Hochbordradwegen. Das Unfallrisiko ist enorm. Neben Geisterradfahrenden, also den Benutzern linker Radwege, sind Gehwegradfahrende bei den Unfallverursachern in jenen Fällen führen, in welchen Radfahrende einen Unfall verursachten. Hierbei ist zu beachten, dass in der Schuldfrage viele Gerichte die Betriebsgefahr der Kraftfahrzeuge hinter das fahrlässige Verhalten des Radfahrenden zurückstellen. Das geht bis dahin, dass ein Gehwegradfahrender 100 % schuld bekommt. Bei schweren Verletzungen kann das bittere Folgen für den Unfallverursacher haben. Der barrierefreie Umbau der Wohnung kostet ein Vermögen.

Was hilft gegen Gehwegradfahrende?

Gute Radverkehrsinfrastruktur hilft gegen Gehwegradfahrende! Da, wo diese nicht realisierbar ist, muss verstärkt gegen die Ursachen vorgegangen werden. Ein paar Striche auf der Fahrbahn sind keine Radverkehrsinfrastruktur.
Die Polizei ist aufgefordert, nicht mehr die Mär vom sicheren Radweg zu verbreiten. Sie muss Radfahrende aufklären, dass diese gleichberechtigze Verkehrsteilnehmer sind und Anspruch auf Sicherheitsräume haben. Wenn, wie es in der Neuen Dorfstraße in Büdelsdorf angesprochene Seniorinnen berichteten, dass ihnen ein Polizeibeamter geraten habe, auf dem Gehweg zu fahren, weil das sicherer wäre, läuft etwas gewaltig falsch.
Radfahrende sollten sich fortbilden, nicht auf urbane Legenden und unqualifiziertes Geschwätz hereinfallen. Die besten Quellen sind die Primärquellen, in diesem Falle ist es die Straßenverkehrs-Ordnung. Das Bundesjustizministerium hat eine Online-Gesetzessammlung.

Freigabe von Fussverkehrszonen für den Radverkehr

Wenn es eine gute Radverkehrsführung parallel zu einer "Fussgängerzone" wie der Hohen Straße in Rendsburg gibt, sinkt die Zahl der Radfahrenden in der Fussgängerzone. Erstaunlicherweise ist aber die Zulassung von Radverkehr in Fussverkehrszonen unproblematisch. Das Fazit einer Studie zum Thema ist:


So hat sich in der Studie gezeigt, dass problematische Ereignisse oder Verhaltensweisen nach einer Fußgängerzonenfreigabe nicht zunahmen. Auch eine Verringerung der Aufenthaltsqualität konnte in den empirischen Befragungen nicht nachgewiesen werden. Die Verträglichkeit des Miteinanders stieg mit der Fußgängerdichte sogar an. Hohe Fußgängerdichten sind demnach kein Ausschlusskriterium für eine Radverkehrsfreigabe in Fußgängerzonen. Zudem wiesen radfahrende Kunden einen höheren Jahresumsatz im Einzelhandel auf als Kfz-fahrende Kunden. Daher wird davon ausgegangen, dass auch der innerstädtische Einzelhandel von einer Fußgängerzonenfreigabe für den Radverkehr profitieren kann.

Der Autor dieses Blog-Beitrags war bisher der Auffassung, dass die Aufenthaltsqualität einer Fussverkehrszone durch den Radverkehr gestört wurde. Dem scheint bei behgleitender Aufklärung zu Geschwindigkeit und Verhalten nicht so zu sein, zumindest wenn Quelle oder Ziel in dem Bereich liegt.
Dennoch ist eine Route für zügigen Durchgangsverkehr notwendig. Gerade in Bezug auf die Rendsburger Altstadt muss festgestellt werden, dass sie zum Einen schlecht erreichbar ist, zum Anderen auch schlecht zügig durchfahrbar.

Nebeneffekt

Für ehrenamtlich Aktive, welche in den Diskussionen zur Radverkehrsförderung unterwegs sind, ist es enorm nervig, dass ihnen das Fehlverhalten einiger Radfahrender entgegengehalten wird. Alle Radfahrenden werden nicht nur an den Stammtischen in Sippenhaftung für die paar Rotlichtsünder und Gehwegradfahrende genommen, sondern auch überall mit ihnen gleichgestellt. Das ist für Menschen, die bewußt regelkonform und sicherheitsbewußt unterwegs sind, schwer belastend. Gehwegradfahrende gefährden nicht nur sich und den Fussverkehr, sondern stören auch den Diskurs über Radverkehrsinfrastruktur. Gehwegradfahren ist asozial und destruktiv.


Literatur: Straßenverkehrs-Ordnung, Bußgeldkatalog.