Aktuelle Helmpflicht-Diskussion Drucken
Geschrieben von: TF   
Montag, den 18. Juli 2022 um 10:20 Uhr

Beiträge im Blog geben Einzelmeinungen wieder, stellen nicht zwingend die Auffassung der Ortsgruppe oder des ADFC im Allgemeinen dar. Hier legt unser Verkehrsrechtlicher Sprecher Torben Frank dar, warum er eine Fahrrad-Helmpflicht ablehnt.

Vorweg: ich trage selbst vorwiegend Helm.

Ich lehne eine Helmpflicht ab, weil es kaum Vorteile einer Helmpflicht, aber in der Gesamtentwicklung vele Nachteile gibt. Anders als ein Sicherheitsgurt im Auto hat ein Helm bei den wenigsten Unfällen einen Nutzen. Sinnreich ist er beim seitlichen Sturz, beim Alleinunfalll. Deswegen sollten Fahrradalbatrosse wie ich, Kinder oder Senioren freiwillig einen Helm aufsetzen. Das Kopfverletzungsrisiko im Auto ist übrigens höher als auf dem Fahrrad. Auf dem Fahrrad wären Protektoren für Handgelenke oder Schlüsselbeine wichtiger.
Helme sind passive Schutzmittel gegen Unfallfolgen, sofern sie denn wirken. Neurochirurg Frank Thomas Möllmann (Osnabrück) untersuchte die Wirkung handelsüblicher Fahrradhelme und stellt deren Nutzen infrage. Wäre es nicht sinniger, einfach die Verlezungsursachen anzupacken? Ich setze mich für sichere Radverkehrsführung, gute Infrastruktur ein. Solange Kommunen aber Neuschrott abliefern oder willkürlich Radfahrende mit Zeichen 240 StVO auf schmale Gehwege zwingen (z.B. Klinter Weg), wird sich das Unfallrisiko nicht verändern. Es ist Aufgabe des Staates die Schwachen vor den Störern zu schützen, auch das Recht auf körperliche Unversehrtheit ebenso für Radfahrende zu gewährleisten. Solange dieser Staat auf der Ebene der Kommunen gefährlichen Neuschrott abliefert, hat er keinerlei Recht, in die Rechte der Radfahrenden einzugreifen. Eigentlich haben Bundesländer wie Schleswig-Holstein, wo Landesbehörden vorsätzlich Bundesrecht nicht umsetzen, gar neue Unfallrisiken schaffen (LBV SH als Baulastträger sowie Fachaufsicht der StVBen) jegliches Recht verwirkt, auch nur einen Radfahrenden scheel anzusehen. Solange Spielplatzplaner sich für Ausschreibungen für Verkehrsraumgestaltung beteiligen dürfen, werden wir auch keine sichere Infrastruktur nach Stand der Technik bekommen. Solange ewiggestrige uni(n)formierte Vertreter des bewaffneten Arms der Autolobby ("Polizei") mit ihren unfundierten Stellungnahmen ernster als sachkundige Bürger genommen werden, damit Verschlechterungen in der Planung erreichen, wird es erhöhte Unfallrisiken geben.
Statt einer Helmpflicht für die Opfer bedarf es einer Unfallrisikenvermeidungspflicht für verkehrsraumgestaltende Verwaltungen sowie verpflichtender Fort- und Weiterbildungen auch für Planungsbureaus. Wer nicht Kenntnisse nachweisen kann, darf sich nicht an Ausschreibungen beteiligen.