Landesgartenschau. Chance und Gefahr. Drucken
Geschrieben von: TF   
Sonntag, den 24. Juli 2022 um 19:03 Uhr

Beiträge im Blog geben Einzelmeinungen wieder, nicht zwingend die Meinung des ADFC bzw. der Ortsgruppe. Unser Verkehrsrechtlicher Sprecher Torben Frank kommentiert in diesem Beitrag die Pläne für eine Landesgartenschau in Rendsburg.

Gerade im Klimawandel wird der Begrünung im urbanen Raum eine neue Bedeutung zugemessen. Bepflanzung hat einen positiven Einfluss auf das Mikroklima. Aber auch für Geist und Seele ist etwas Grün deutlich angenehmer als die graue Betonschlucht auf dem heißen Asphalt. Blütenpracht bedeutet Aufenthalts- und Lebensqualität.
Gartenschauen bieten die Chance, eine Stadt, den Lebensraum von Menschen mit relativ geringem Aufwand weiterzuentwickeln, ihn nachhaltig lebenswerter zu gestalten. Parkanlagen bekommen eine neue Ausgestaltung. Es gibt den geschlossenen, eingefriedeten Bereich, der gegen Entgelt besucht werden kann und rundherum  frei zugängliche Bereiche. Das läuft für etliche Monate eines Jahres. Wenn eine Stadtverwaltung es will, bleiben für die Einwohner nachhaltig angenehme Veränderungen.

Was mich in Alarm versetzte

Auf einer Seite einer der politischen Fraktionen im Rathaus sah ich ein Photo, welche die Karte einer Präsentation zeigt. Auf dieser Karte werden die möglichen Flächen für die Landesgartenschau hervorgehoben. Der Alarm schrillte im Kopf, als das Eiland sowie die Untereider erkannt wurden, aber auch andere Strecken des Alltagsradverkehrs wie der Stadtpark waren markiert. Zum Teil handelt es sich um Wege, auf denen Rad- und Fussverkehr vermischt werden. Das bedeutet, dass selbst dann, wenn die Strecke offen bleibt, mit hohem Fussverkehrsaukommen zu rechnen ist. Wer zügig von Büdelsdorf zum Bahnhof muss, wird in Bedrängnis geraten. Schon 2019/20 war die Strecke durch das Eiland monatelang für den Radverkehr gesperrt.
Die Erfahrung zeigt, dass der Radverkehr bei den Planungen gar nicht berücksichtigt wird. Es ist damit zu rechnen, dass Alltagsradfahrende monatelang Streckensperrungen hinnehmen müssen werden. Oder es wird gar nichts gemacht, dann kommt es zu Konflikten auf den Mischverkehrsflächen, zu Lasten des Radverkehrs wird dann dessen Aussperung vorgenommen.Das ist das aus der Erfahrung mit der fahrradunfreundlichen Stadt Rendsburg zu erwartende Szenario.

Wie würde eine fahrradfreundliche Stadt agieren?

Eine fahrradfreundliche Stadt würde z.B. auf den ADFC zukommen und fragen, was der angesichts der Flächen für Bedenken und Lösungsvorschläge hat. Denn eine fahrradfreundliche Stadt würde nicht ihre Alltagsradfahrenden vergrätzen, sondern den Radverkehr fördern wollen. Und gerade eine Lanfdesgartenschau würde sich anbieten, um gerade in Parkanlagen auch bezüglich der Verkehrsführung für nachhaltige Entwicklung zu sorgen. Start-Ups mit Velocabs oder ein Rikscha-Service wären denkbar, zur entschleunigten Entdeckung der öffentlichen Flächen auf dem Weg vom Bahnhof oder Parkplätzen zum eingefriedeten Gelände. Das setzt aber geeignete Infrastruktur und gute Übergänge zwischen Infrastrukrabschnitten voraus.
Die Vermischung von Rad- und Fussverkehr ist nur dort statthaft, wo es kaum Fussverkehr gibt. Eine Entflechtung von Fuss- und Fahrzeugverkehr ist geboten, wenn Aufenthaltsqualität und die Möglichkeit zum Schlendern gegeben werden soll. Kurz: Es ist notwendig, sich Gedanken über die Ordnung des Verkehrs zu machen, sich auch endlich bewußt zu werden, dass Fahrräder Verkehr sind, sogar Fahrzeugverkehr. Und auch müssen sich die Planer Gedanken machen, wie Radverkehr vom Bahnhof sicher, komfortabel und vor allem regelkonform zur Veranstaltung geführt wird. Wenn ein Verwaltungsmitarbeiter einen kleinen grünen Wegweisepfeil auf weißem Grund irgendwohin rotzt, bedeutet das längst noch nicht, dass dieser Wegweisung regelkonform gefolgt werden kann. Da bedarf es dringend der Fort- und Weiterbildung der Verantwortlichen. Ein Beispiel wäre an der Einmündung der Bismarckstraße in die Kieler Straße zu finden. Ein Pfeil auf runder blauer Platte gebietet das Rechtsabbiegen. Der touristische Wegweiser weist nach Links.

Chancen

Es gäbe die Cance, etwa in den Parks neue Wege zu schaffen, den Radverkehr vom Fussverkehr zu trennen. Die Verbindung von Aufenthaltsqualität und nachhaltiger Alltagsmobilität könnte aufgezeigt werden. Daneen könnte eben auch ein VeloCab-Angebot die Gartenschau-Flächen im Stadtgebiet anfahren. Zwischen Gehweg und Radweg eine insektenfreundliches Beet, hinter dem Gehweg dann die Zierpflanzen, das sind die Bilder, welche in kreativen Köpfen aufkommen. Wenn z.B. ohnehin Nachhaltigkeit ein Thema würde, etwa Bepflanzung als Regulator des Mikroklimas oder einfach als Artenschützer, wäre es fast schon geboten, der nachhaltigen Alltagsmobilität keine Steine in den Weg zu legen.

Befürchtungen werden wahr werden

Sei über einem Jahrzehnt engagiere ich mich verkehrspolitisch für den Radverkehr. Die Erfahrungen waren durchweg negativ. Daher befürchte ich, dass die Landesgartenschau in Rendsburg keinen Unterschied machen wird, alle Erwartungen werden erfüllt werden; es wird alles zu Lasten des Radverkehrs geplant werden. Gerne ließe ich mich positiv überraschen, nur zu häufig gab es jeoch Rückschläge für den Radverkehr im Raum Rendsburg. Und lesen, zuhören oder verstehen wird erst gar niemand versuchen. Gefahr dieser Landesgartenschau ist also, dass der ohnehoin schon stiefmütterlich behandelte Radverkehr in der Stadt unter Streckensperrungen oder anderen Benachteiligungen leiden wird- Für diesen Fall sollten wir öffentlichkeitswirksame Protestaktionen vorbereiten.

Zuletzt aktualisiert am Freitag, den 29. Juli 2022 um 11:10 Uhr