Radfahrende Frauen in die Kommnalpolitik! Drucken
Geschrieben von: TF   
Montag, den 30. Januar 2023 um 16:50 Uhr

Beiträge im Blog geben nicht zwingend die Meinung der Ortsgruppe oder des ADFC wieder. In diesem Beitrag äußert sich der Verkehrsrechtliche Sprecher des ADFC Rendsburg zum Aufruf der Gleichstellungsbetragten der Stadt sowie der Ratsfraktionen in Rendsburg, dass Frauen sich bei der Kommunalwahl um ein Amt bewerben sollten.

Als ich mich als Schüler politisch band, war die Ortsvorsitzende der Mutterpartei eine Frau. Sie war es, weil sie es konnte, vor Ort die Beste für die Aufgabe war. Deshalb stellten wir auch ihre Geschlecht nicht infrage. Ganz ohne Quoten waren Frauen im Vorstand. In meiner Hochschulgruppe waren meine Amtsnachfolgerinnen als Gruppenvorsitzende weiblich. Weibliches politisches Engagement gab es schon immer, aber leider nicht in dem Umfang, dass es die gesellschaftliche Realität widerspiegeln würde. Parlamente und Kommunalvertretungen sind überwiegend von männlich konnotierten Personen besetzt. Repräsentativität ist, was soziale, eigentlich eher Einkommens-, Gruppen sowie eben auch Geschlechter betrifft, nicht gegeben. Fehlende Repräsentation führt aber auch zu Verzerrungen. Der Versicherungskaufmann hat eine andere Lebensrealität als die Krankenhaus-Ärztin. Der Autohausbesitzer hat einen anderen Blick auf die Dinge als die Gymnasiallehrerin. Letztlich hat schon die Unternehmerin mit Einzelhandel einen völlig anderen Lebenshorizont als die selbständige Apothekerin oder gar die Soldatin. Daher sollten wir auch nicht von heterogenen Geschlechtergruppen, egal ob binär oder nichtbinär, ausgehen. Heterogenität ist auch das, was den Radverkehr prägt. Es gibt unterschiedliche Fahrradtypen und Konditionen, also auch unterschiedliche Geschwindigkeitsprofile. Es gibt Gelegenheitsradfahrende, Schönwetterradler, Alltagsradfahrende, Freizeitradfahrende, es gibt Torkelradler und Radsportaktive. Dabei halten sich die meisten an die Regeln, die Anderen fahren mit dem Fahrrad wie mit dem Auto bei "Dunkelorang" oder parken wild. Die Ansprüche an die Infrastruktur sind deshalb auch unterschiedlich. Dem vehicular cyclist genügt die allgemeine Fahrbahn, die Gelegeheitsradfahrenden belästigen gerne verbotswidrig zu Fuss Gehenden, die Mehrheit der Radfahrenden wünscht sich Radverkehrsanlagen nach Stand der Technik. Dafür setzt sich übrigens der ADFC Rendsburg auch ein, für sichere und komfortable Radverkehrsanlagen.  Dabei hat die heterogene der vertretenen Radfahrenden sich nach Erkenntnissen der Forschung auf den Favoriten geschützter Radfahrstreifen (protected bike lane) geeignet. Dabei bleiben andere Lösungen nicht außen vor.
Der Anspruch einer Ärztin im Schichtdienst an Radverkehrsinfrastruktur ist ein anderer als jener der Einzelhandelskauffrau. Es geht um soziale Sicherheit. Beleuchtung und Einsehbarkeit sind wichtig. Die sexualisierte Gewalt auf der Straße kennt der Autor nur vom Hörensagen. Aber so gibt es auch im Raum Rendsburg Übergriffigkeiten. So wird aus der Kaiserstraße in Büdelsdorf berichtet, dass übermotorisierte junge Männer den Vorrang von radfahrenden Frauen nicht achten, wenn die Autofahrenden ein Hindernis auf ihrer Seite haben. Auch von Pöbeleien berichten Betroffene. Frauen sind ganz anderen Problemen im Verkehrsgeschehen ausgesetzt als Männer. Deswegen ist es wichtig, dass sich auch Frauen in Vereinen und Verbänden, auch in der Fahrradlobby ADFC engagieren. Sie müsen ihre Interessen durchsetzen. Übrigens ist die aktuelle ADFC-Bundesvorsitzende weiblich, ebenso die Vorsitzende des Landesverband Schleswig-Holstein. Auch in der Ortsgruppe Rendsburg ist weibliches Engagement willkommen. Engagement kann von der Meinungsartikulation bis hin zur Amtsübernahme gehen.
Das Fahrrad hat Frauenemanzipation ermöglicht, sagen Sozialhistoriker. Es war das Mobilitätsmittel, welches Frauen unabhängige Mobilität ermöglichte und ermöglicht. Noch heute  sind Fahrradfahrschulen wichtiger Baustein der ehrenamtlichen Integrationsarbeit für Frauen aus einigen Kulturkreisen. Und in der Bundesrepublik Deutschland war und ist es noch so, dass vor allem Frauen in ihrer Alltagsmobilität auf ÖPNV oder Fahrrad setzen. Das Statussymbol Automobil spielt im weiblichen Kontext eine geringere Rolle.
Für eine Fahrradlobby ist es wünschenswert, wenn radfahrende Frauen sich in der Kommunalpolitik engagieren. Denn sie können viel besser verstehen, warum Radwege nicht auf Kosten von Gehwegen erstellt werden sollten, warum ihnen breite Gehwege wichtig sind. Sie können besser vermiteln, weshalb Licht im Verkehrsraum wichtg ist, weshalb dunle Ecken die Aufenthaltsqualität senken. Radfahrende Frauen können glaubwürdiger vermitteln, weshalb Bewuchs dicht am Radweg ihnen unangenehm ist. Sie können ihre Lebensrealität, ihre Erfahrungen in die Diskussionen einbringen, welche leider zuhäufig von SUV-Fahrern und alternden Gehwegradlern bestimmt sind.
Ich bin der Meinung, dass es für die Repräsntativität wichtig ist, dass radfahrende Frauen die Gestaltung kommunalen Verkehrsraums mitbestimmen. Deswegen ist es auch so wichtig, dass die gewählten Gemeinde- oder Stadtvertreterinnen nicht in die klassischen Domänen Sozial- oder Umweltausschuss gehen, sondern wirklich in die männerdominierte Welt eindringen. Wo läßt sich der Lebensalltag der Menschen nachhaltiger prägen als in einem Ausschuss, der den Verkehrsraum mitgestaltet? Die besten Beschlüsse im Sozialausschuss bringen nichts, wenn die Schule nicht sicher und komfortabel zu Fuss oder mit dem Fahrrad erreichbar ist. - Ich fordere: Radfahrende Frauen in die Bauausschüsse der Kommunalvertretungen!

Und als Mitglied einer engagierten Ortsgruppe kann ich nur dazu auffordern, dass engagierte Team zu verstärken. Schon mit Hinweisen oder Meinungsäußeungen kannst Du uns helfen. Und wenn Du möchtest, kannst Du Aufgaben übernehmen. Wir können überall Verstärkung gebrauchen. Die Öffentlichkeitsarbeit kannst Du verstärken, also social media-Team. Du kannst mithelfen, Stellungnahmen zu verfassen. Die Tourguides des ADFC Rendsburg sind derzeit allesamt männlich. Du bestimmst, was Du machen magst und kannst, nur durch das Programm und die Leitlinien des ADFC begrenzt.