FLOP:Unzumutbarer "Radweg" im Winkelhörner Weg in Borgstedfelde Drucken
Geschrieben von: TF   
Sonntag, den 25. April 2021 um 00:07 Uhr
(TF) Eine der Möglichkeiten, um über Büdelsdorf oder Rickert in die Hüttener Berge zu gelangen, ist der Weg durch Borgstedtfelde. Als Verkehrsrechtlicher Sprecher der Ortsgruppe staunte der Autor ob der Ignoranz der Verwaltung gegenüber der Rechtslage. Er ließ sich heute von einem weiteren Aktiven auf einer privaten 2-Personen-Radtour führen. Dieser zeigte ihm die "neuen" Radwege in Borgstedtfelde im Winkelhörner Weg. Das Photo entstand im Anschluß im Rückblick vom Rastplatz.

Vereinzelt stehen Zeichen 240 StVO (Bild) an einem zum Teil 1 m schmalen Sonderweg. Diese Verkehrszeichnen ordnen auf den ersten Blick nach § 2 IV StVO eine Benutzungspflicht auf einem gemeinsamen Fuss- und Radweg an. Diese Vermischung ist außerorts der Regelfall, wenn das Fussverkehrsaufkommen gering ist. Eine Benuzungspflicht darf nach § 45 StVO nur dort angeordnet werden, wo es eine über das normale Maß hinausgehende Gefahrenlage im Mischverkehr bestünde. Gefährdendes Fehlverhalten anderer Verkehrsteilnehmer ist keine qualifizierende Gefahrenlage. Jedoch könnte das hohe Aufkommen an LKWs und Sprintern durchaus unter Umständen in dem nach § 45 StVO erforderlichen Gutachten ein Faktor sein. Sollte die Voraussetzung des § 45 StVO erfüllt sein, gäbe es eine weitere Hürde. Es bedürfte geeigneter Nebenflächen für die Separation. Der Verordnungsgeber ("Gesetzgeber") hat in der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zu § 2 Abs. 4 S. 2 Mindestandards für zumutbare Radverkehrsanlagen definiert. Die erforderliche Breite für gemeinsame Fuss- und Radwege beträgt nach der VwV-StVO zu § 2 Abs. 4 S. 2 Rn. 20 außerorts mindestens 2 m. Bei höherem Radverkehrsaufkommen, etwa bei Schichtwechsel oder Feierabend ist eine größere Breite zu planen. Ohnehin gelten für neue Anordnungen nach der Randnummer 13 der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zu § 2 Abs. 4 S. 2 die Empfehlungen für Radverkehrsanlagen (ERA) der FGSV als verbindlich. Das Mindestmaß für die Breite beträgt 2,5 m. Vor Ort sind es weitestgehend geschätzt 1,2 m. Ein üblicher fahrradlenker ist 60 cm breit. Dazu kommt eine antriebsbedingte Schwankung des Radfahrenden (vgl. Kap. 1, ERA 2010). Zwei Radfahrende können sich also nicht sicher überholen oder im Begegnungsverkehr passieren. Die vorhandene Verkehrsfläche ist im Sinne der VwV-StVO zu § 2 Abs. 4 S. 2 schlichtweg unzumutbar. Das Bundesverwaltungsgericht hatte für Abweichung von den Mindeststandards sehr hohe Hürden gesetzt (BVerwG 3 B 62.11). Es müsste äußerst gefährlich sein, auf der Fahrbahn zu fahren, um eine Benutzungspflicht zu rechtfertigen. Ohnehin müßte zuerst das mildeste Mitte, etwa eine Geschwindigkeitsbeschränkung geprüft werden. Im Winkelhörner Weg erzeugt allerdings dieser unzumutbare Radweg eine Gefahrenlage, weil er über stark frequentierte Ausfahrten führt, keinen Begegnungsverkehr oder sicheres Überholen ermöglicht.

Die Anordnung der Zeichen 240 StVO erfolgte grob rechtswidrig, falls sie denn überhaupt erfolgte. Es gengt die grobe Kenntnis der Rechtslage, um die schweren Ermessensfehler zu erkennen. Die Anordnung ist nach § 43 VwVfG nichtig, falls eine Anordnung erfolgte. Ob eine derart grob rechtswidrig angeordnete Benutzungspflicht befolgt werden muss, ist zwischen Rechtspositivisten und rechtsstaatlich orientierten liberalen Juristen umstritten. Wer ein Verwarnungsgeldangebot erhält, sollte anhand von Photos die fehlende Stetigkeit und die Unzumutbarkeit dokumentieren sowie das Unfallrisiko an den Ausfahrten im Anhörungsbogen anführen. Falls die Straßenverkehrsbehörde des Kreises als zuständige Verwaltung keine Anordnung tätigte, kann der sogenannte Nichtakt getrost ignoriert werden. Über die Informationsfreiheit kann jeder Bürger Akteneinsicht fordern.


Was muß die Verwaltung machen? Die Zeichen 240 StVO müssen weg. Angesichts des subjektiven Sicherheitsempfindens angesichts unkontrollierten Rasens in der Spitzenzeit wäre die Schaffung einer Radverkehrsanlage nach Stand der Technik wünschenswert. Alternativ sind Maßnahmen wie eine Geschwindigkeitsbeschränkung zu prüfen. Die Sicherheit aller Verkehrsteilnehmer hat Vorrang vor der Leichtigkeit des Kfz-Verkehrsflusses.


Allgemeine Verwaltungsvorschrift zur Straßenverkehrs-Ordnung (VwV-StVO) http://www.verwaltungsvorschriften-im-internet.de/bsvwvbund_26012001_S3236420014.htm