FLOP Ausbau Fockbeker Chaussee 2012 PDF Drucken E-Mail
Geschrieben von: TF   
Mittwoch, den 13. April 2016 um 10:29 Uhr

(TF) 2012 wurde ein neuausgebautes Teilstück der Fockbeker Chaussee fertiggestellt. Das betrifft den Abschnitt der B 203 ab Friedrichstädter Straße bis Fockbek. Bei den Planungen und dem Ausbau wurden die Belange des Radverkehrs ignoriert.
Die innerörtliche Straße, die auch ein Schulweg ist, wurde so ausgebaut, daß der Motorisierte Individualverkehr auf der Fahrbahn großzügigen Raum findet. Von dem ursprünglichen Gedanken, der Straße mehr innerörtlichen Charakter zu geben, um das Rasen zu unterbinden, ist nichts zu sehen. Dem Wunsch der Standortverwaltung der Bundeswehr nach breiter Fahrbahn wurde stattgegeben, ohne die Idee zu verfolgen, diese erforderliche Breite mit Radfahrstreifen zu erzeugen. Eine entsprechende Stellungnahme Dritter, die Radfahrstreifen vorschlägt, liegt bei den Akten.
Es wurden gemischte Fuß- und Radwege gebaut, die nicht dem Stand der Technik entsprechen. Begrüßenswert ist, daß die Straßenverkehrsbehörde der Stadt Rendsburg versucht, durch Pfeile unter dem Verkehrszeichen 240 das gefährliche Geisterradeln zu unterbinden.
Pfeil unter Z. 240 StVO

Wo liegen die Kritikpunkte?

Planung und Bau hätten nach den ERA 2010 erfolgen müssen. In der Planungsphase war sehr rechtzeitig auf die Regelwerke hingewiesen worden. Angesichts des Fussverkehrsaufkommens ist fraglich, ob gemeinsame Fuss und Radwege überhaupt statthaft sind. Auch die Netzbedeutung für den Radverkehr wurde nicht berücksichtigt. Das Mindestmaß für diese Führungsform innerorts lag ab 3 m, abhängig vom Verkehrsaufkommen. Erhalten hat der Fussverkehr bis zu 2,5 m breite Gehwege, welche er sich wegen Z. 240 StVO mit dem nichtmotorisierten Fahrzeugverkehr teilen muss. - An dieser Stell die Frage an die Planer und Entscheider: Wozu gibt es Regeln, wenn sich keiner daran gebunden fühlt?Welche Folge hat die Unterdimensionierung? Ein Antrag auf Neubescheidung würde zur Aufhebung der Benutzungspflicht führen. Da der LBV SH invlviert ist, ist anzunehmen, dass der Klageweg begangen werden muss. Im ähnlichen Fall eines neu ausgebauten Abschnitts der Ortsdurchfahrt einer Bundesstraße hatte das VG Gießen die Benutzungspflicht für die gemeinsamen Fuss- und Radwege aufgehoben (VG Gießen Urteil vom 25.06.2013 - 6 K 268/12.GI).

Abschnitt Friedrichstädter bis Büsumer Straße

Neben der geringen Breite, die Abweichung unter der Brücke der B 77 ist zulässig, kommen hier ungesicherte Einbauten auf der Verkehrsfläche hinzu. Das Lichtraumprofil ist verletzt. Die Auffahrt im Bereich der Einmündung der Friedrichstädter Straße ist schlecht gestaltet.
Zur verbesserten Baumbewässerung folgen Längsrillen mit Straßenbahnschieneneffekt. Dort gab es schon Stürze. Längsrillen waren vermutlich einfacher zu pflastern als Querrillen. Da um die Baumgruppen Verschwenkungen erfolgen, ist der Straßenbahnscheneffekt besonders gefährlich. Wenn überraschend Fussverkehr entgegenkommt, ist auch bei angepaßter Geschwindigkeit ein tödlicher Unfall möglich.
Die Benutzung dieses Straßenteils ist objektiv im Sinne Randnummer 16 der VwV-StVO zu § 2 Abs. 4 von der Beschaffenheit her ncht zumutbar.

Abschnitt Büsumer Straße bis Fockbek

Nach der Büsumer Straße folgt ein reiner Gehweg. Verkehrszeichen sind nur rechtswirksam, wenn sie beiläufig wahrnehmbar sind. Wer geradeausfährt, sieht einen reinen Gehweg. Die Farbe der Pflasterung dieses Gehwegs ist verkehrsrechtlich ohne Relevanz. Niemand muss ein Verkehrszeichen erahnen oder erraten, zumal ein gemeinsamer Fuss- und Radweg bei Anordnung etwa 2012 auch breiter sein müsste. Wenn An der Dorbek kein Verkehrszeichen sollte, gilt bis Fockbek, Loher Weg die Fahrbahnbenutzungspflicht aus § 2 StVO. Das gilt insbesondere für Radfahrende aus der Büsumer Straße in Richtung Fockbek. Radfahrende aus Richtung Baumarktkönnen sich auf fehlende Einfädelhilfe am Radwegende und die Vermutung der Weiterführung berufen, um ein Bußgeld (ab 55 €) zu vermeiden. Problematisch ist übrigens auch, dass dier Radverkehr dann direkt durch den Warteereich einer Bushaltestelle führe.

Abschnitt Fockbek bis Am Armensee

Zu schmal.Fehlender Sicherheitstrennstreifen zur Fahrbahn.

Abschnitt Am Armensee bis Abfahrt der B 77

Nach der Einmündung Am Armensee folgt kein Verkehrszeichen. Wir finden einen reinen Gehweg vor. Wer aus Fockbek kommt, kann wie bezüglich der Büsumer Straße argumentieren, um 55 € im Bußgeldbescheid zu sparen. Wer aus Am Armensee kommt, findet einen reinen Gehweg vor.
Das Ganze ist ohnehin zu schmal, führt durch den Wartebereich einer Bushaltestelle. Wegen eines Sportplatzes gibt es ein Fussverkehrsaufkommen.
An der Auffahrt zur B 77 ist der Gehweg verschwenkt. Dadurch verlier er den zur Straße gehörigen Charakter, was den Planern erlaubt, eine Benachteiligung des "Radwegs" durch die Ampelschaltung vorzunehmen. Einer "Bettelampel" (LSA mit Anforderungstaster) folgt eine weitere automatiserte Ampelphase.
Nach der Zufahrt der B 77 wäre kein Zeichen 240 StVO notwendig. Denn von der B 77 kann offiziell kein Radverkehr kommen. Die Wiederholung des Verkehrszeichens ist von der Logik dort notwendig, wo neue Verkehrsteilnehmer betroffen sein können, also z.B. Am Armensee oder Büsumer Straße.

Fazit

Diese Neugestaltung ist ein klassischer Fall ungerecht verteilter Verkehrsflächen. Der Kfz-Verkehr bekam alles. Dann wurde unter Mißachtung der technischen Regelwerke der Rest einfach für Rad- und Fussverkehr verwendet.
Die Gestaltung des Verkehrsraums ist missglückt. Die Radwegebenutzungspflicht ist rechtlich nicht haltbar, mangels Stetigkeit und Zumutbarkeit kann sie schon jetzt getrost ignoriert werden. Wünschenswert wären Radverkehrsanlagen nach Stand der Technik, z.B. geschützte Radfahrstreifen.

Zuletzt aktualisiert am Mittwoch, den 28. Dezember 2022 um 23:27 Uhr
 

© ADFC 2010