Geschwindigkeit, was gilt für Radfahrende? Drucken E-Mail

Wie schnell darf ein Radfahrender  eigentlich sein? Zusammengefaßt hängt es von der Verkehrssituation, den allgemeinen Bedingungen, den fahrerischen Fähigkeiten, der technischen Ausstattung, den Verkehrszeichen und vor allem von der gewählten Verkehrsfläche ab, mit welcher Geschwindkeit gefahren werden darf. Die Sichtfahrt ist ein wichtiger Punkt. Im Prinzip darf jeder Fahrzeugführer nur so schnell fahren, dass er im einsehbaren Bereich zum Stehen kommen kann. Dazu gibt es die Anhaltewegberechnungsfaustformel für Automobile.Für Fahrräder gibt es eine solche Formel nicht. Es ist sinnreich, regelmäßig Gefahrenbremsungen zu üben un die Bremsen am Fahrzeug zu pflegen. Das Training mit dem vertrauten Fahrrad verhindert Fehleinschätzungen oder gar Stürze.  Eine Bergabfahrt mit hoher Geschwindigkeit auf einem ungepflegten Fahrrad ist lebensgefährrlich. Es empfiehlt sich, mit kurzen Impulsen der Bremse Geschwindigkeit herauszunehmen. Das kurze Drücken und Loslassen verhindert ein Überhitzen des Materials, welches die Bremsleistung mindert. Hier spielt die Beherrschung des Fahrzeuges, welche der § 3 StVO voraussetzt, eine gewichtige Rolle. Im Falle eines Unfalles kann es für den Radfahrenden, der mit unangepaßter Geschwindigkeit oder gar unter Kontrollverlust fuhr, üble Folgen haben.
Leider gibt es trotz technischem Fortschritt am Fahrrad noch eine überholte Vorstellung von einer "fahrradtypischen Geschwindigkeit". Konservative Vorstellung sind 16 bis 18 km/h. Absurd wird es, wenn ein Mitarbeiter eines Tiefbauamtes eine schlechte, nicht dem Stand der Technik entsprechende Gestaltung eines Infrastrukturneubaus damit rechtfertigt, dass §Fahrradfahrer heutzutage sowieso immer zu schnell" führen. Die Infrastruktur wird natürlich so schlecht gestaltet, damit Kfz-Führer einen guten Verkehrsfluß erleben und auch mit überhöhter Geschwindigkeit noch sicher fahren können.

Technische und rechtliche untere Schranke

Wer auf einem einspurigen Fahrzeug langsam fährt, hat ein hohes Sturzrisiko. Wer langsam fährt, wird antriebsbedingt zum "Torkelradler". Geübte Radfahrende müssen sogar an der Ampel stehend keinen Fuß absetzen. Ungeübte Radfahrende können stürzen. Beim seitlichen Sturz gibt es ein hohes Koopfverletzungsrisiko. Wer sich nicht traut, schnell zu fahren, sollte folglich aber auch nicht zu langsam fahren. Wegen der technischen Notwendigkeit gilt für die Schrittgeschwindigkeit durchaus ein höheres Tempo als nur 6 km/h erlaubt. 12 bis 14 km/h werden Radfahrenden bei Schrittgeschwindigkeit durchaus zugestanden.

Maximalgeschwindigkeit auf der Fahrbahn

Die allgemeinen Beschränkungen wie 100 km/h außerorts oder 50 km/h innerorts gelten nur für Kraftfahrzeuge. Wer sein nichtmotorisiertes Fahrzeug also bei 65 km/h in der Ortsdurchfahrt unter Kontrolle hat, muß kein Ticket fürchten. Denn die Beschränkung auf 50 km/h innerorts gilt für Radfahrende nicht. Wer sein Fahrrad allerdings in einer Fahrradstraße fährt, muß sich an die Geschwindigkeitsbeschränkung auf 30 km/h halten. Generell gilt, dass durch Verkehrszeichen angezeigte erlaubte Höchstgeschwindigkeiten auch für den Radverkehr gelten. Steht vor einer Schule in der besagten Ortsdurchfahrt ein Verkehrszeichenkombination, welche für 150 m eine streckenbezogene Geschwindigkeitsbeschränkung anweist, gilt das auch für Radfahrende. Ebenso darf in einer 30-Zone das Fitnessbike nicht voll ausgefahren werden. Wer mit hoher Geschwindigkeit durch den Türöffnungsbereich parkender Autos (dooring zone) fährt, riskiert eine Mitschuld. Mit dem empfohlenen Sicherheitsabstand von 0,75 bis 1,5 m läßt sich dieses Risiko jedoch vermeiden.
Im Verkehrsberuhigten Bereich gilt die Schrittgeschwindigkeit auch für Radfahrende.

Radwegbenutzung

Auf einem gemeinsamen Fuß- und Radweg (Z.240 StVO) können mehr als 25 km/h als "rücksichtsloses Rasen" gewertet werden. Generell gelten mehr als 18 km/h als zu schnell. Zum Glück soll es diese Lösung innerorts nur im Ausnahmefall geben. Für zu schnelles Fahren auf dem gemeinsamen Fuß- und Radweg gibt es sogar einen Tatbestand im Bußgeldkatalog. Ab 15 € fallen für Geschwindigkeitsverstösse auf diesen Verkehrsflächen an, wenn die Geschwindigkeit nicht an den Fußverkehr angepaßt wird.
Auf einem Hochbordradweg kommt es auf die Ausgestaltung an. 16 bis 18 km/h galten in früheren Zeiten als Höchstgeschwindigkeit. Auf einem modernen Hochbordradweg mit Ausgestaltung nach Stand der Technik und mit deutlicher baulicher Trennung vom Gehweg dürften die gleichen Regeln wie auf der Fahrbahn gelten. Jedoch wäre an jeder Einmündung oder Ausfahrt wegen des Unfallrisikos die Geschwindigkeit anzupassen. Auf einem Radfahrstreifen dürfte das ebenso gelten. Der klassische schmale Hochbordradweg, der bestenfalls mit unterschiedlichem Belag baulich vom Gehweg getrennt ist, bietet mehrere Gefahrenherde. Zum Einem den Fußverkehr, zum Anderen Türen parkender Autos sowie die schlechten Sichtbeziehungen an Einmündungen. Solche Radverkehrsanlagen dürfen zum Glück nicht benutzungspflichtig sein. Wer zügig und vor allem sicher radfahren will, muß es auf der Fahrbahn tun. Aiuf solchen unzumutbaren Hochbordradwegen können schon mehr als 15 km/h zu schnell sein. Wenn ein zu Fuß Gehender plötzlich auf den schmalen Radweg tritt, bemißt sich die Schuld des Radfahrenden an der Kollision auch an seiner Geschwindigkeit.

Freigegebene Gehwege und Fußgängerzonen

Auf diesen Verkehrsflächen werden Radfahrende nur ausnahmsweise durch das Zusatzzeichen "Radfahrende frei" toleriert. Für Fußgängerzonen gibt es häufig sogar zeitliche Beschränkungen. Radfahrende sind nachrangig unterwegs und dürfen nur Schrittgeschwindigkeit fahren. Wer in ener Fußgängerzone oder auf einem Gehweg mit Freigabe nicht mit Schrittgeschwindigkeit fährt, riskiert ein Bußgeld von 15  €. Das gilt auch, wenn die außerhalb der Geschäftszeiten freigegebene Hohe Straße nächtens völlig leer sein sollte.

Lektüren

- § 3 StVO,

- VwV-StVO zu Z. 239,

- Bußgeldkatalog,

- Dietmar Kettler: Recht für Radfahrer. Ein Rechtsberater, 3. Aufl., Berlin 2013.

Zuletzt aktualisiert am Mittwoch, den 17. Februar 2021 um 00:44 Uhr
 

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