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Hier berichten wir, wo und wie wir für Sie aktiv sind. Der letzte Besuch einer Verkehrsausschußsitzung gehört genauso dazu wie der Eindruck von der letzten Tour.



Hausaufgaben von 1997 endlich erfüllt, nun will Fockbek eine Rolle Rückwärts machen. PDF Drucken E-Mail
Geschrieben von: TF   
Mittwoch, den 16. Juni 2021 um 15:17 Uhr

Beiträge im Blog geben nicht zwingend die Meinung der Ortsgruppe wieder.

(TF) Seit 23 Jahren passiert kaum etwas im Raum Rendsburg! Dieser hier verlinkte  Artikel aus dem test-Magazin der Stiftung Warentest stammt von August 2013. Und hätten Entscheider im Raum Rendsburg irgendwann mal Stellungnahmen des ADFC Rendsburg gelesen und die Quellbelege geprüft, dann wüßten sie um die Rechtslage und die Hintergründe. Schon die bloße Lektüre dieses Artikels im Test-Magazin der Stiftung Warentest hätte der Gemeinde Fockbek Geld gespart. Denn der zuständige Ausschuß der Gemeindebvertretung vergab einen Prüfauftrag an ein Planungsbüro. Die Gemeindevertreter wollen ernsthaft die gerade vor wenigen Jahren endlich aufgehobene Radwegebenutzungspflicht im Klinter Wewg wiederherstellen.

Im vorletzten Jahr der Kohl-Ära 1997 strich der Verordnungsgeber die allgemeine Radwegebenutzungspflicht zum 1. Oktober 1998 aus der Straßenverkehrsordnung. Hintergrund waren die Erkenntnisse der Unfallforschung. Bis zum 30. September 1998 zeigte ein Blaues rundes Vehrszeichen mit weißem Fahrradpiktogramm nur an, wo sich ein Radweg befindet. Seit dem 1. Oktober 1998 teilt der blaue Lolly unter anderem mit, dass ein zu einer Straße gehöriger Radweg benutzungspflichtig ist. Als Hausaufgabe wurde 1997 den Straßenverkehrsbehörden der Kreise und Städte mitgegeben, die blauen Lollies zu sichten und entsprechend nur noch an eigenständig geführten Radwegen oder an zumutbaren Radverkehrsanlagen jener Straßen stehen zu lassen oder aufzustellen, wo eine qualifizierende Gefahrenlage eine Separation notwendig macht. Leider hatten viele Straßenverkehrsbehörden es unterlassen, die veränderte Rechtslage zu berücksichtigen. So stehen im Raum Rendsburg noch dort die Zeichen 237, 241 oder 240 StVO herum, wo sie nicht stehen dürften.
Jene Blauen Lollies, welche noch aus der Zeit vor 1998 dort stehen, ohne dass sich irgendwer um eine Anordnung gekümmert hätte, sind sogenannte Nichtakte. Wer das weiß, kann sie ignorieren. Dort, wo neue blaue Schilder aufgestellt wurden, aber offensichtlich schwere Ermessensfehler vorliegen, ist nach § 44 VwVfG die Nichtigkeit der Allgemeinverfügung Radwegebenutzungspflicht gegeben. Laien mit ein paar Hintergrundkenntnissen können deratige nichtige Radwegebenutzungspflichten leicht erkennen.
Ein Beispiel für eine nichtige Anordnung wären die Zeichen 240 StVO der Rendsburger Straße in Fockbek. Ein "gemeinsamer Fuß- und Radweg" soll innerorts die Ausnahme von der Ausnahme Radwegebenutzungspflicht darstellen. Diese Variante ist nur bei geringem Rad- und vor allem Fussverkehr statthaft. Außerdem gibt es klare Vorgaben zur baulichen Ausgestaltung. Die kurzzeitige Maskenpflicht vor der Ladenzeile zeigt aber, dass es ein hohes Fussverkehrsaufkommen gibt. Die bauliche Zumutbarkeit im Sinne der der Allgemeinen Verwaltungschrift zu § 2 Abs. 4 S. 2 ist auch nicht einmal im Ansatz gegeben. Die in Fahrtrichtung beidseitige Beschilderung mit Zeichen 240 kann ein Indiz für einen Nichtakt sein. Sicher ist, dass eine Stellungnahme aus dem Bundesverkehrsministerium zu einem vergleichbaren Fall mitteilt, dass eine Benutzungspflicht in Fahrtrichtung sowohl rechts als auch links nicht gleichzeitig befolgt werden könne, daher nichtig sei. In der Randnummer 33 der VwV-StVO zu § 2 Abs. 4 S. 2 gibt es übrigens eine Begründung, weshalb es innerorts keine linksseitigen Benutzungspflichten geben solle. Es wird auf das bdsonders hohe Unfallrisiko bei Benutzung linker Radwege eingegangen.
Übrigens bleiben baulich vorhandene Radwege jenen Menschen, welche lieber Radwege benutzen, erhalten. Nur wird niemand gezwungen, darauf zu fahren. Der Autor dieses Beitrags hatte für die Aalborgstraße in Rendsburg 2019 erfolgreich die Entfernung der Zeichen 241 StVO beantragt. Nun muss dort kein Radfahrender mehr auf dem unzumutbaren Hochbord durch die dooring zone parkender Autos fahren. Aber Radfahrende dürfen weiterhin mit angepaßter Geschwindigkeit den baulich angelegten Radweg benutzen. Wer zügig und sicher vorankommen will, fährt "mitten auf der Straße".
Die Ortsgruppe Rendsburg des ADFC setzt sich bei Kreis und Stadt im Sinne der Verkehrssicherheit für die Entfernung der Gebotszeichen an ungeeigneten Straßenteilen, also für die Umsetzung von § 45 StVO und der VwV-StVO zu § 2 Abs. 4 S. 2 ein. Aber wir wollen bei Straßensanierungen und Neubauten die Schaffung von Radverkehrsanlagen nach Stand der Technik ein. Der Stand der Technik ist übrigens vor dem Verwaltungsgericht einklagbar. Gute Radwege brauchen keine Benutzungspflicht.

 
Radwegebenutzungspflicht: wann darf sie wer anordnen? PDF Drucken E-Mail
Geschrieben von: TF   
Sonntag, den 09. Mai 2021 um 18:56 Uhr
Die frühere „allgemeine Radwegebenutzungspflicht“, die manch ein Autofahrer noch aus seiner Fahrschulzeit kennt […], ist seit dem 1.10.1998 im Interesse der Verkehrssicherheit abgeschafft. Sie hatte zunehmend zu Verletzten und Toten geführt.
Dr. Dietmar Kettler: Recht für Radfahrer. Ein Rechtberater, 3. Aufl., Berlin 2013, S. 29

Im Sinne der Sicherheit, aber auch des Komforts des Radverkehrs hat sich die Rechtslage 1997 und danach erheblich geändert. In ihrer ehrenamtlichen Tätigkeit, aber auch beim Radfahren sind die Aktiven des ADFC Rendsburg mit der Regelunkenntnis der Verwaltung einschließlich Polizei konfrontiert. Mit diesem Beitrag soll eine Zusammenfassung der Rechtslage angeboten werden, welche den Verwaltungsmitarbeitern hilft, weiterführend zu recherchieren.
Die Ortsgruppe Rendsburg des Allgemeinen Deutschen Fahrradclubs setzt sich für den Bau von Radverkehrsanlagen nach Stand der Technik ein und lehnt die Benutzungspflicht unzumutbarer Bestandsradwege ab, fordert die Umsetzung und Einhaltung von Rechtsnormen, Richtlinien und Regelwerken. Sie vertritt vision zero, also die Absenkung der Zahl der Unfallopfer auf Null.

Problemfall Radweg

Nach der Wiedervereinigung in Berlin fiel im Unfallbericht auf, dass bei gleichem Verkehrsaufkommen in Straßen Ost-Berlins weniger Radfahrende als im Westen zu Schaden kamen. Im Westen waren vor allem in den 1980er Hochbordradwege entstanden. Das führte in der Unfallforschung zu Untersuchungen. Eine von der Bundesregierung beauftragte Studie des Bundesamtes für Straßenwesen sollte belegen, dass die gut ausgebauten Radwege bundesdeutscher Städte nicht unfallursächlich wären. Das Ergebnis zeigte auf, dass es ein erhöhtes Unfallrisiko auf den üblichen Hochbordradwegen gibt. In Abhängigkeit von der Qualität des Radweges erhöht sich das Unfallrisiko. Wichtigste radwegetypische Unfallrisken:

  • Konflikte mit dem Fussverkehr.
  • Der radwegetypische Abbiegeunfall, bei dem KFz-Führer blind abbiegen und den Vorrang geradeaus Radfahrender mißachten.
  • Einfädelunfälle infolge Unbenutzbarkeit durch abgestellte Mülltonnen, verbotswidriges Beparken etc.

Die Erkenntnisse der Unfallforscher:Innen flossen danach in die Straßenverkehrs-Ordnung, in die Allgemeine Verwaltungsvorschrift zur Straßenverkehrs-Ordnung und die Richtlinien und Regelwerke ein. Mit den Empfehlungen für Radverkehrsanlagen (ERA 95) von der FGSV wurde ein Regelwerk geschaffen, in dem Gestaltungene zur sicheren Führung des Radverkehrs vorgestellt werden. Aktuell sind die ERA 2010, welche zur Zeit überarbeitet werden.

Rechtslage

Mit der Fahrradnovelle der Straßenverkehrs-Ordnung wiurde 1997 die allgemeine Radwegebenutzungspflicht zum 1. Oktober 1998 gestrichen. Bis dahin sollten die Straßenverkehrsbehörden nach Willen des Verordnungsgebers, die Bestandsschilder beseitigt oder mit einer Notwendigkeit begründet haben.
Für Radwege besteht nur eine Benutzungspflicht, wenn die Zeichen 237, 240 oder 241 StVO diese an einem zur Straße gehörigen Radweg kommunizieren. An eigenständig geführten Radwegen haben sie eine andere Bedeutung.
Zeichen 237, 240 und 241 StVO im Bild
Radverkehrsanlagen sind wie der Gehweg Straßenteile. Nur der Schutzstreifen (gestrichelte Linie) ist Teil der Fahrbahn. Die Straße besteht also aus Fahrbahn, Gehweg und Radverkehrsanlage.
Wann gehört ein Radweg zur Straße?
- Er ist nicht mehr als 5 m abgesetzt (vgl. VwV-StVO zu § 9 StVO),
- folgt dem Verlauf der Straße, gehört für Ortsfremde klar erkennbar zu dieser
- und hat die gleichen Vorrangregelungen wie der übrige Fahrverkehr auf der Fahrbahn.
Da die bauliche Ausgestaltung erheblichen Einfluß auf das Unfallgeschehen hat, definiert in der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zu § 2 Abs. 4 S. 2 der Verordnungsgeber die Zumutbarkeit von Radverkehrsanlagen. Für Neubauten gelten die ERA 2010 als verbindlicher Standard, weil sie den Stand der Technik wiedergeben.
Die Vermischung von Fuss- und Radverkehr stellt außerorts den Regelfall dar. Aber bei hohem Fussverkehrsaufkommen soll es selbst außerorts eine Trennung dieser Verkehrsarten geben. Innerorts müssen aus gutem Grunde auch die Belange des Fussverkehrs berücksichtigt werden.

Was gilt denn nun?

  1. Radfahren im Mischverkehr auf der Fahrbahn ist nach § 2 StVO der Regelfall.
  2. Radfahrende wünschen sich Separation, wollen also Radwege. Die alten Radverkehrsanlagen bleiben erhalten, dürfen nach § 2 IV StVO in Fahrtrichtung rechts benutzt werden. Radfahrenden bleibt die Wahl zwischen objektiv sicherem Radfahren auf der Fahrbahn oder dem subjektivem Sicherheitsempfinden folgend die Nutzung des Radweges.
  3. Steht in Fahrtrichtung ein Zeichen 237, 240 oder 241 StVO (rechtskonform angeordnet), muss sofern benutzbar und zumutbar der betreffende Straßenteil genutzt werden.
  4. Vormalige gemeinsame Fuss- und Radwege, an denen Zeichen 240 StVO entfernt wurde, sind reine Gehwege. Das Befahren von Gehwegen ist verboten.
  5. Für Kinder gilt eine Sonderregel (§ 2 V StVO). Bis zum 8. Lebensjahr müssen, bis zum 10. Lebensjahr dürfen sie nachrrrangig mit an den Fussverkehr angepasster Geschwindigkeit auf dem Gehweg fahren, ebenso darf eine Begleitperson mitfahren. Sie müssen bei jeder Fahrbahnquerung also an jeder Einmündung (wenn nicht durchgepflastert) absteigen.
  6. Die Benutzung linker Radwege ist verboten (Rechtsfahrgebot, Unfallrisiko).
  1. Radfahrern steht es nach § 2 IV StVO im Grundsatz frei, ob sie den Radweg oder die Straße benutzen. Die Anordnung einer Radwegebenutzungspflicht bedarf eines erhöhten Begründungsaufwandes.

  2. Nach § 45 IX StVO darf eine Radwegebenutzungspflicht nur angeordnet werden, wenn eine gegenüber dem Normalmaß erheblich gesteigerte Gefahr für Radfahrer bzw. für andere Verkehrsteilnehmer vorliegt, die nicht nur den Bau eines Radweges, sondern darüber hinaus auch die Verpflichtung zur Benutzung desselben notwendig macht.

  3. Fehlt es an solchen zwingenden Umständen, bedarf es keiner Entscheidung der Frage, ob der streitgegenständliche Radweg den Anforderungen der VwV zu § 2 StVO entspricht.

    (Leitsätze des VG Schleswig, Urteil vom 23.9.2003 - 3 A 275/02.)

Wann ist die Anordnung einer Radwegebenutzungspflicht möglich oder erforderlich?

Generell ist die qualifizierende Gefahrenlage die Voraussetzung, Radfahrende auf eine Radverkehrsanlage zu zwingen. Sehr hohes Kfz-Aufkommen oder örtliche Beschaffenheiten wie Steigungen können qualifizierende Gefahrenlagen sein.

Eine Radwegebenutzungspflicht darf nur angeordnet werden, wenn aufgrund der besonderen örtlichen Verhältnisse eine Gefahrenlage besteht, die das allgemeine Risiko einer Rechtsgutbeeinträchtigung erheblich übersteigt (§Â 45 Abs. 9 Satz 2 der Straßenverkehrs-Ordnung - StVO).
(Leitsatz des Urteils vom 18.11.2010, BVerwG 3 C 42.09.)

Die Gefährdung durch Fehlverhalten anderer Verkehrsteilnehmer stellt keine qualifizierende Gefahrenlage dar, sondern muss durch Kontrollen und Sanktionen unterbunden werden. Nicht der Nichtstörer darfin einem Rechtsstaat belastet werden, sondern der Störer muss entsprechendes Ziel des Verwaltungshandelns sein. Es ist generell das mildeste Mittel zu wählen, das kann auch eine Geschwindigkeitsbeschränkung für alle Verkehrsarten sein.

  1. Es gibt eine über das normale Maß hinausgehende, qualifizierende Gefahrenlage (§ 45 StVO),
  2.  es gibt einen für den Radverkehr geeigneten stetigen und zumutbaren Straßenteil oder es kann ein Radfahrstreifen geschaffen werden (VwV-StVO zu § 2 Abs. 4, insbes. Rn. 13!),
  3. Gibt es keine Einmündungen oder ausfahrten kann bei geeigneter Verkehrsfläche auch ein Zweirichtungsradweg angeordnet werden (vgl. VwV-StVO zu § 2 Abs. 4 S. 2 Rn.  33),
  4. es bedarf zumutbarer Auffahrten und am Ende einer Einfädelhilfe,
  5. Wird eine Radwegebenutzungspflicht für nötig erachtet, kann keine 30-Zone angeordnet sein (§ 45 Ic StVO),
  6. in innerörtlichen Kreisverkehren soll der Radverkehr auf der Fahrbahn geführt werden (u.a. VwV-StVO zu § 9), es ist also für Abfahrten mit Einfädelhilfe vor dem Kreisverkehr zu sorgen.
  7. Für den Fussverkehr gibt es eine geeignete Fläche (VwV-StVO zu § 2 Abs. 4 S. 2 Rn. 9).

Aufstellung der Verkehrszeichen

Verkehrszeichen stehen regelmäßig rechts des betreffenden Straßenteils. Sie müssen in Fahrtrichtung auch mit beiläufigem Blick erkennbar sein. Der Logik folgend müssen sie an jeder Einmündung, aus der Radfahrende herauskommen können, wiederholt werden. Verkehrszeichen, welche in Fahrtrichtung nicht sichtbar sind, sind rechtsunwirksam.

Zuständigkeit

Für verkehrsrechtliche Anordnungen ist die Straßenverkehrsbehörde zuständig. Diese ist in diesem Falle nach § 2 I StrVRZustVO SH der Landrat bzw. in Rendsburg die Bürgermeisterin. Kommunen über 20.000 Einwohner düfen über eine eigene Straßenverkehrsbehörde verfügen. Fachaufsicht ist der Landesbetrieb Straßenbau und Verkehr (LBV SH), welcher bisher allerdings in Bezug auf den Radverkehr mit einem Schreiben vom August 2013 glänzte, in dem er die Kreise und Städte aufrief, die Rechtslage auch nach den Urteilen des Bundesverwaltungsgerichtes nicht selbständig umzusetzen. Sie sollten erst im Einzelfall Prüfungen vornehmen, wenn ein betroffener Verkehrsteilnehmer die Anordnung anficht oder einen Antrag auf Neubescheidung stellt. Der LBV SH ist gleichzeitig gestalterisch für die klassifizierten Straßen zuständig, also Bundes-, Landes- und Kreisstraßen.

Schwierigkeit in der Realität

Die Rechtslage ist vielen Verkehrsteilnehmern, aber auch in den Verwaltungen unbekannt. Zum Teil wurden auch im Raum Rendsburg in jüngerer Zeit noch bei  Straßensanierungen Rechtsvorschriften, Richtlinien und Regelwerke ignoriert. Grüner Kamp in Osterrönfeld und Fockbeker Chaussee in Rendsburg sind Beispiele für derartige Fehlgestaltungen zu Lasten der Verkehrssicherheit.
QWegen der Unkenntnis der Entscheider gibt es viele Nichtakte und nichtige Anordnungen. Nichtakte sind etwa die Verkehrszeichen, welche schon vor 1998 dort standen, zu welchen niemand zum 1. Oktober 1998 oder danach eine Neubescheidung vornahm. Wenn die Kommune ohne Anordnung der Straßenverkehrsbehörde solche Verkehrszeichen aufstellte, handelt es sich ebenso um Nichtakte. Wenn die Straßenverkehrsbehörde irgendwo ohne nachvollziehbares Ermessen eine Zeichen 237, 240 oder 241 StVO anordnete, dieses für den Laien erkennbar ist, liegt ein schwerer Ermessensfehler vor, so dass die Anordnung nach § 44 VwVfG nichtig ist. Denn die Gebotszeichen 237, 240 oder 241 StVO kommunizieren Allgemeinverfügungen.
Wegen der systematischen Ignoranz gegenüber der Rechtslage in der Vergangenheit gibt es kaum Anordnungen, bei denen fehlerfreies Ermessen erfolgte. Zum Großteil gibt es noch nicht einmal Kenntnis, wo überhaupt diese Verkehrszeichen stehen. Es lohnt sich also zu fragen, ob es überhaupt eine Anordnung für ein Verkehrszeichen gibt. Im Raum Rendsburg stehen also sehr viele Nichtakte oder nichtige Anordnungen herum, welche von den Radfahrenden getrost ignoriert werden können.

Rechtsmittel für Betroffene

Binnen 12 Monaten nach erster Betroffenheit können Verkehrsteilner der Anordnung widersprechen. Wird dem Widerspruch im Bescheid nicht abgeholfen, kann vor dem Verwaltungsgericht eine Anfechtungsklage erhoben werden. Erfolgt gar kein Bescheid, kann nach 3 Monaten die Untätigkeitsklage erfolgen.
Ein Jurist aus Berlin hatte das Mittel der Verpflichtungsklage aus der Fristenproblematik gerissen, indem er den Antrag auf Neubescheidung als Mittel wählte. Diesem folgt die Verpflichtungsklage.
Interessenten finden im Netz Anleitungen zum Vorgehen gegen Radwegebenutzungspflichten. Dem Regensburger Fall, welcher vor dem Bundesverwaltungsgericht verhandelt wurde, ging ein Widerspruch sowie ein Verfahrensgang vor bayerischen Verwaltungsgerichten voran.

Verkehrspolitisches Fazit

Wer keine Radfahrenden „mitten auf der Straße“ mag, muss sich für Radverkehrsanlagen nach Stand der Technik einsetzen. Denn: Gute Radwege brauchen keine Benutzungspflicht!

Lektüreempfehlungen

 
Schlechtes Verkehrsklima in der Meynstraße PDF Drucken E-Mail
Geschrieben von: TF   
Montag, den 22. Februar 2021 um 21:17 Uhr
(TF) Die Baumaßnahmen in der westlichen Hollerstraße sowie die Sperrung der Unterführung am Schwarzen Stieg erschweren vielen Radfahrenden die Wegewahl. Jedoch kommt das schlechte #Verkehrsklima in der #Meynstraße hinzu. Im Bereich der Einmündung des Schwarzen Stiegs wird häufig verbotsqidrig geparkt. Das Parken vor abgesenkten Bordsteinen sowie in Kurvenbereichen ist schlichtweg verboten (§ 12 StVO). In der vergangenheit kam es sogar vor, dass eine Radtourtengruppe sich mit Sturzrisiko über die Grünfläche quälen mußte, weil ein Auto verbotswidrig auf dem eigenständig geführten gemeinsamen Fuß- und Radweg (Z. 240 StVO) parkte.
In der Meynstraße selbst ist das Verkehrsklima schlecht. Radfahrende werden regelrecht weggedrängt. Kfz-Führer aus Richtung Hollerstraße haben die Hindernisse auf ihrer Seite, parkende Kfz. Die Wartepflicht aus § 6 StVO wird regelmäßig mißachtet, entgegenkommende Radfahrende werden bedrängt, gefährdet und angepöbelt. Dem Autor wurde schon mehrmals mitgeteilt, dass "die Autos Vorfahrt" hätten.

Zuletzt aktualisiert am Mittwoch, den 17. März 2021 um 21:09 Uhr
 
Umlaufsperren in Schacht-Audorf PDF Drucken E-Mail
Geschrieben von: TF   
Mittwoch, den 17. Februar 2021 um 00:44 Uhr

Beiträge im Blog geben nicht zwingend die Meinung der Ortsgruppe wieder, können Einzelmeinungen sein.

(TF) Schacht-Audorf hatte 2020 Geld für den Radverkehr ausgegeben. Für? Eigentlich gegen den Radverkehr.  Während europaweit Radverkehrsförderung betrieben wird, bundesweit Kommunen in Vorzeigeprojekte investieren, betreibt die Kanalgemeinde Schacht-Audorf Radverkehrsverhinderung. Sie setzt Umlaufsperren auf einen eigenständig geführten gemeinsamen Fuß- und Radweg. Eng, gegeneinander verschwenkt. Der Scheeißradfahrer kann auch mal absteigen. Besondere Brisanz bekommt es, weil die Strecke, eine alte Bahntrasse, in Kartenwerken als Abschnitt der Nord-Ostsee-Kanal-Route geführt wird. Ein Video des ADFC Flensburg bereitet das Thema Umlaufsperre satirisch auf.

Umlaufsperre in Schacht-Audorf
Auf einer der wenigen Radtouren der Ortsgruppe in der Saison 2020 führte Ortsgruppensprecher Bodo Schnoor die Gruppe nach Südosten. Dafür wählte er diesen Abschnitt der NOK-Route. Die Tourteilnehmer und Aktiven staunten, als sie vor niegelnagenneuen Mahnmalen antiker Verkehrspolitik standen. An jeder Einmündung mußten sie sich unter Zeitverlust durch die Umlaufsperren quälen.

Positiv anzumerken bleibt nur die sichtbare Markierung Rot-Weiß. Das ist schon einmal besser als eine zwischen Pfosten gespannte graue Kette, wie sie auf der unbeleuchteten alten Bahntrasse zwischen Fockbek und Hohn verwendet wird. Der Tatbestand des gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr durch Schaffung von Hindernissen durch eine Verwaltung kann auch durch diese Verwaltung verwirklicht werden. Das wäre eine Straftat. Im Falle eines Unfalles muß in Schleswig-Holstein bedauerlicherweise niemand Ermittlungen oder gar eine Anklage fürchten, wenn nur die Scheißradfahrer gefährdet werden.Verwaltungsrechtlich läßt sich eine Umlaufsperre durch Widerspruch oder Antrag beseitigen. Wenn es einen negativen Bescheid gibt, bleibt der Weg vor das Verwaltungsgericht offen. Für Neubauten auf Radverkehrsanlagen geben die Empfehlungen für Radverkehrsanlagen (ERA 2010) den Stand der Technik wieder. Der lichte Raum eines Radwegs sollte frei von Hindernissen sein (Kapitel 11.1.10 ERA 2010). Der § 32 StVO verbietet die Einbrinung von Hindernissen. Der § 45 StVO beschränkt die Verwaltung in ihren Maßnahmen auf das objektiv Notwendige. Eine mögliche Gefahrenlage darf nicht durch Schaffung einer neuen Gefahr beseitigt werden. In seinem Fazit der Broschüre Unfallrisiken beim Radfahren schreibt das Deutsche Institut für Urbanistik (DIFU):

Alleinunfallrisiken wie z.B. an Pfosten auf dem Radweg und anderen Mängeln der Infrastruktur werden allgemein unterschätzt.

Die Umlaufsperre ist das Mittel der Wahl jener, welche nie Fahrrad fahren, aber dem Kfz-Verkehr Vorrang sichern wollen. Dass die Umlaufsperre selbst häufig zu Alleinunfällen oder nur Schäden an Taschen oder Fahrzeug führen, ist den Verantwortlichen egal. Mehrspurige Fahrräder, Gespanne mit Lastenanhänger, Lastenräder oder mehrspurige Spezialfahrräder haben die Verantwortlichen häufig nicht vor Augen. Doch gerade Spezialfahrräder werden immer mehr.
Dabei gibt es mildere Mittel. Der Weg kann optisch verengt werden.  Schon leichte Bodenwellen wie auf der Veloroute 10 in Kiel sorgen für ein Abbremmsen vor einer Einmündung. Gerade bei hohem Radverkehraufkommen und Querung einer Nebenstraße sollte über den Vorrang für die nachhaltige Verkehrsart nachgedacht werden.

Da wir die Strecke häufiger nutzen, einige aktiv Radfahrende der Ortsgruppe auch für Alltagsfahrten, liegt Betroffenheit vor. Ein Akltiver der Ortsgruppe Rendsburg hat einen Antrag auf Beseitigung der Anachronismen gestellt.

Zum Abschluß ein Zitat aus dem Positionspapier des Bundesverbandes zu Umlaufsperren:

Der ADFC fordert, auf die Installation von Pollern, Umlaufsperren und ähnlichen Verkehrseinrichtungen generell zu verzichten.


Literatur:
- §§ 32 und 45 StVO,
- § 315b StGB,
- ADFC-Positionspapier zu Pollern und Umllaufsperren.

Zuletzt aktualisiert am Montag, den 16. August 2021 um 22:58 Uhr
 
Aufklärung in Fockbek PDF Drucken E-Mail
Geschrieben von: TF   
Montag, den 01. Februar 2021 um 17:52 Uhr
Beiträge im Blog geben nicht zwingend die Meinung aller Mitglieder der Ortsgruppe, sondern die von Einzelpersonen wieder. Die Beiträge sind namentlich gekennzeichnet. In diesem Beitrag bespricht und ergänzt unser Aktiver Torben Frank einen Artikel zur Radwegebenutzungspflicht in den Fockbeker Nachrichten.

(TF) Ich habe mir jetzt mal den gesamten Artikel zum Radwege-Komplex in den Fockbeker Nachrichten zu Gemüte geführt (FN 621, Januar 2021, S. 5). Zuerst einmal ist erfreulich, dass der Kreis endlich, nach fast einem Vierteljahrhundert angefangen hat, geltendes Recht umzusetzen. Das haben wir insbesondere den Neubesetzungen Hingst und Habermann(?) zu verdanken.
Was im Artikel zur Radwegebenutzungspflicht steht, wäre im Idealfall richtig. Der Idealfall wäre, wenn die Straßenverkehrsbehörde die Fahrradnovelle von 1997 umgesetzt hätte, womit sie jetzt begonnen hatte. Im gesamten Raum Rendsburg, in gesamt Schleswig-Holstein wurde das nicht gemacht. Und das macht die Situation komplizierter. Es gibt bundesweit, aber auch in Schleswig-Holstein Gerichtsurteile, welche die Mängel aufzeigen und Benutzungspflichten kassierten. Das Bundesverwaltungsgericht setzte zwei Mal sehr hohe Hürden für die Anordnung von Radwegebenutzungspflichten. Einmal ging es um den Nachweis der "über das normale Maß hinausgehenden Gefahrenlage" (BVerwG 3 C 42.09). Die Straßenverkehrsbehörde muß nach § 45 IX StVO in einem Gutachten nachweisen, dass die Separation notwendig, es ausnahmsweise sicherer ist, den Radverkehr auf dem Radweg zu führen. Sehr hohe Hürden für die Abweichung von den Mindeststandards der VwV-StVO zu § 2 Abs. 4 S. 2 setzte das Bundesverwaltungsgericht dann 2012 (BVerwG 3 B 62.11). Da geht es darum, dass bei einer nachgewiesenen Gefahrenlage abgewichen werden kann, wenn die Gefahren auf dem unzumutbaren Radweg geringer sind als die allgemeinen Gefahren. Die Gefahren für alle Verkehrsteilnehmer müssen dabei gewertet werden.
Und da liegt das Problem. Innerorts in Fockbek wie in den übrigen Gemeinden des Raums Rendsburg gibt es keine Radverkehrsanlage, welche den Erfordernissen entspricht. Besonders schwerwiegend ist, dass der Landesbetrieb Straßenbau und Verkehr in den Ortsdurchfahrten der klassifizierten Straßen auf gemeinsame Fuß- und Radwege setzte. Theoretisch ist schon außerorts bei hohem Fußverkehrsaufkommen zu separieren. Das Kapitel der ERA 2010 zum Thema las ich erst neulich. Nun gibt es aber innerorts ein erhöhtes Fußverkehrsaufkommen. Für einen Abschnitt der Rendsburger Straße führte das jüngst sogar temporär zur Mund-Nasen-Bedeckungspflicht für die zu Fuß Gehenden. Es wurde offensichtlich kein Ermessen bei Anordnung der Radwegebenutzungspflicht in der Rendsburger Straße vorgenommen, wie auch die Unterschreitung der Mindestbreite zeigt. Für Radfahrende bedeutet dieser schwere Rechtsfehler, dass die mit den Zeichen 240 StVO kommunizierte Allgemeinverfügung Benutzungspflicht auf einem gemeinsamen Fuß- und Radweg nach § 44 VwVfG nichtig ist. Radfahrende dürfen demnach auf der Fahrbahn fahren. Der Mobilitätsrechtler Dr. Dietmar Kettler, der zu Lebzeiten als der Spezialist für Verkehrsrechtliche Anordnungen galt, hatte das in Aufsätzen und in seinem Buch "Recht für Radfahrer. Ein Rechtsberater" mehrmals durchdekliniert. Ein weiteres Indiz für die Nichtigkeit der Anordnung ist die grob rechtswidrige Beschilderuung sowohl links als auch recht in Fahrtrichtung. "Grob rechtswidrig" ist die Wortwahl von Verwaltungsrichtern zu vergleichbaren Fällen. Nun wissen ein paar Eingeweihte aber, dass es überhaupt keine ordentliche Anordnung gibt. Deshalb handelt es sich sogar um Nichtakte. Da anscheinend jetzt eine Verkehrsschau stattfand, sind aber eventuell Anordnungen in Arbeit. Aber die können und Berücksichtigung der Erfordernisse nicht rechtlich einwandfrei erfolgen, es läge wieder Nichtigkeit wegen schwerer Ermessensfehlern vor. Da es sich um eine Neuanordnung handeln würde, begönne die Ein-Jahres-Frist für Widersprüche wieder zu laufen.
Am neuen Abschnitt der Umgehungsstraße steht auch ein Zeichen 240 StVO. Zwar habe ich den Radweg nicht vermessen, aber der könnte rechtskorm sein. Außerorts fällt ohnehin das schwerwiegende radwegetypische Unfallrisiko weg. Innerorts sind die Abbiegeunfälle durch blind abbiegende Kfz-Führer ("übersehen") das Hauptunfallrisiko. Unfälle im Längsverkehr treten innerorts kaum auf, wenn wir von Stürzen nach engem Überholen absehen. Für den innerörtlichen Bereich ist der Forschungsstand eindeutig. Sehr häufig ist der Radverkehr sicherer im Mischverkehr auf der Fahrbahn unterwegs, wenn keine vernünftige Radverkehrsanlage vorhanden ist. Außerorts sind die Geschwindigkeitsunterschiede höher, außerdem gibt es noch keine Forschungsarbeit zum Thema außerörtlicher radweg, soweit ich weiß. Wer sich mal ansehen will, wie die Gefahrenlage auf Radwegen ist, wer Hinweise auf Literaur braucht, kann sich unter dem Lemma "Radverkehrsanlage" auf Wikipedia einen guten Artikel ansehen. Der enthält auch eine Graphik, welche nach den Erkenntnissen an der Universität Lund zum Unfallrisiko auf radwegen erstellt wurde.
 
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